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Frankenschnellweg: Verhindert Blockade der Stadt Kompromiss?

BUND Naturschutz will weniger Lkw-Verkehr und weniger krankmachende Luft für die Nürnberger Bevölkerung

21.02.2017

Die Auseinandersetzung zwischen der Stadt Nürnberg und dem BUND Naturschutz (BN) um den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs und einen möglichen Vergleich hat deutlich Fahrt aufgenommen. Nachdem der BN verabredungsgemäß Ende Januar 2017 seinen Vorschlag für einen Vergleich an die Stadt übermittelte, hat deren Verhandlungsführer, Bürgermeister Christian Vogel, öffentlich erklärt, die Forderungen des BN seien „vollkommen überzogen“. Der BUND Naturschutz hatte zuvor unter großem finanziellen und personellen Einsatz auch mithilfe seiner Anwälte auf der Basis des Textes der Stadt Nürnberg seine Vergleichsvorstellungen der Stadt übermittelt.

Dieser Vergleichsvorschlag ist dem BN nicht leicht gefallen: „Der Ausbau des Frankenschnellwegs ist eine verkehrs- und umweltpolitische Fehlentscheidung der Stadt Nürnberg und des Freistaats Bayern. Denn mit einer neuen Stadtautobahn würde noch mehr Auto- und Lkw-Verkehr mitten durch die Stadt geführt und die Lärm- und Luftbelastung weiter verschlimmert. Mit unserer Klage und dem Vergleichsangebot versuchen wir die schlimmsten Auswirkungen der Planung zu reduzieren, damit Lkw-Transitverkehr auf den bestehenden Autobahnen um die Stadt herumgeführt und der öffentliche Verkehr verbessert wird“, so Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN. „Der Schutz der Nürnberger Bevölkerung vor einer innerstädtischen Verkehrslawine müsste eigentlich die vordringliche Aufgabe einer guten Umwelt- und Verkehrsplanung der Stadt Nürnberg sein“, so Weiger.

Der BN hätte erwartet, dass die Stadt Nürnberg nunmehr Punkt für Punkt zu dem Vergleichsvorschlag Stellung nimmt, gerne auch in einem weiteren Gespräch: „Die brüske Ablehnung des Vergleichsangebots durch den stellvertretenden Bürgermeister Christian Vogel ist überhaupt nicht nachvollziehbar“, so BN-Kreisvorsitzender Dr. Otto Heimbucher. „Wir sind nach wie vor gesprächsbereit. Unsere Vorschläge, die Verbesserung der Luft- und Lärmsituation für die Nürnberger Bevölkerung rechtssicher zu machen, sind konstruktiv und der Stadtspitze seit Monaten bekannt“, so Heimbucher.

Unverständlich ist auch die in der Presse geäußerte Kritik, dass der Freistaat Bayern mit in den Vergleichsvorschlag einbezogen werden soll. „Der Freistaat muss selbstverständlich in einem Vergleich zwischen der Stadt Nürnberg und dem BUND Naturschutz beteiligt sein, da er für die Beschilderung und die Anordnung der Tempolimits auf den Autobahnen sowie für den Luftreinhalteplan zuständig ist. Dies war auch Konsens in einem Spitzengespräch zwischen der Spitze des BUND Naturschutz und den zuständigen Staatministern Joachim Hermann und Markus Söder“, so BN-Landesgeschäftsführer Peter Rottner.

Der BN hat seine den Freistaat Bayern betreffenden Forderungen entsprechend der bisherigen Verhandlungen mit der Stadt mit den Ministern Joachim Herrmann (Inneres) und Markus Söder (Finanzen) besprochen, weil wesentliche Belange wie ein Leitsystem an den Autobahnen oder die Tempobeschränkung auf dem Frankenschnellweg – nach einer immer noch nicht auszuschließenden Aufstufung zur Autobahn – nur von staatlichen Stellen beschlossen werden können. Dafür hat die Stadt nicht die Kompetenz, sondern nur der Freistaat.

Besondere Probleme ergeben sich daraus, dass eine Rechtssicherheit des Vergleichs mit den Temporeduzierungen und Verbot des Durchgangsverkehrs hergestellt werden kann, aus diesen Gründen ist ein gerichtlicher Vergleich besser.

„Wir wollen aber auch erreichen, dass der öffentliche Nahverkehr und der Radfahrverkehr in Nürnberg gestärkt werden, damit Nürnberg nicht im Verkehr ertrinkt und die Stadtbewohner nicht unter den gesundheitsschädlichen Überschreitungen der EU-Luftreinhaltewerte leiden müssen“, so Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter.

Deshalb sah der Vergleich vor, dass die Stadt diese Bereiche stark finanziell fördert. Wenn die geforderten Beträge für die Stadt zu hoch sein sollten, muss sie eben mitteilen, was sie bereit ist, in diesen Bereichen zu investieren. „Der BN wird aber keinen Vergleich abschließen, in dem die Stadt zwar Geld für Radwege zusichert, bei der Umsetzung dann aber auf leere Kassen verweist und die Umsetzung dann nicht durchsetzbar wäre“, so Mergner.

Die nachfolgende Aufstellung zeigt im Übrigen, dass sich der BUND Naturschutz gar nicht so weit von den Vorschlägen der Stadt Nürnberg entfernt hat. Der BUND Naturschutz möchte daher mit der Stadt weiterhin verhandeln.

Hintergrund

Die Stadt Nürnberg setzt seit Jahrzehnten zur Vermeidung der immer wieder in Stoßzeiten auftretenden Staus am Frankenschnellweg auf einen kreuzungsfreien Ausbau, welcher den Steuerzahler mit 500 Mio. Euro belasten würde. Der BN ist der Auffassung, dass das planfestgestellte Vorhaben zu einer Erhöhung der Verkehrsbelastung durch Durchgangsverkehre auf der Kreisstraße N4 führen wird, dass diese Verkehrszunahme die Luftschadstoffsituation (insbesondere NOx) am und innerhalb der Ringstraße belastet und dass für dieses Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei. Außerdem vertritt der BN die Auffassung, dass die Zufahrt von der Kreisstraße N4 zum Altstadtring in der planfestgestellten Form die Verkehrsbelastung in der Nürnberger Innenstadt deutlich erhöht. Der BUND Naturschutz verficht im laufenden Verwaltungsstreitverfahren die Auffassung, dass der Frankenschnellweg als Bundesfernstraße (Autobahn oder Bundesstraße) zu klassifizieren sei, was der Durchführung eines neuen Planfeststellungsverfahrens bedürfen würde, darüber hinaus, dass unabhängig von der Klassifizierung für das Vorhaben die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unabdingbar notwendig sei, was zumindest ein Planänderungs- bzw. Ergänzungsverfahren erfordern würde.

Der BN klagte unterstützt vom Bündnis gegen den Frankenschnellweg gegen den Planfeststellungsbeschluss. Zuletzt bestätigte der Europäische Gerichtshof die Rechtsauffassung des BUND Naturschutz und eines Privatklägers, dass im Genehmigungsverfahren europäisches Recht unterlaufen und eine notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung umgangen wurde.

Nürnbergs Verkehrsprobleme werden verursacht von der hohen Anzahl an Pendlern, welche mit dem Pkw die Stadtgrenzen passieren. Der hohe Anteil an Pkw-Verkehr ist ursächlich dafür, dass Nürnberg seit Jahren die geltenden EU-Grenzwerte für Luftschadstoffe, namentlich bei den Stickoxiden, nicht einhalten kann. Um die Verkehrsprobleme zu lösen, muss der Autoverkehr reduziert werden.

Der Lückenschluss auf der Stadtautobahn würde nachweislich zu erheblich mehr Autoverkehr führen, weil Fahrgäste aus der U- und S-Bahn wieder auf das Auto umsteigen würden. Damit würde gerade das Gegenteil von dem erreicht, was notwendig wäre.

Stand der Verhandlungen

Seit langem verhandelt der BN mit der Stadt über einen möglichen Vergleich, weil der BN vom vorsitzenden Richter angesprochen wurde. Die Stadt hatte den BN schon vorher um Vergleichsverhandlungen gebeten.

Der BN würde in einem Vergleich seine anhängige Klage zurückziehen und damit den Bau zulassen. Im Gegenzug müsste sich die Stadt verpflichten, einige Veränderungen in der bisher durch Kfz-Freundlichkeit geprägten Verkehrspolitik vorzunehmen.

Nachfolgend legen wir übersichtsmäßig vor, welche Forderungen im Vergleich enthalten sind und ob diese von der Stadt (SN) oder vom BN (BN) erstmalig in den Verhandlungstext eingebracht wurden.

  • Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h auf dem Frankenschnellweg im Stadtgebiet Nürnberg zwischen den Anschlussstellen Nürnberg/Fürth und Kreuz Nürnberg-Hafen als Maßnahme der Luftreinhaltung (SN)
  • Überwachung der Geschwindigkeitsbeschränkung durch drei stationäre Geschwindigkeitsmessanlagen pro Fahrspur (BN)
  • Durchfahrtverbot für Lkw über 7,5 t auf dem Frankenschnellweg für den über die Autobahnkreuze Fürth/Erlangen und Nürnberg-Süd hinausgehenden Durchgangsverkehr als Maßnahme der Luftreinhaltung (SN)
  • Verbesserung der Beschilderung zur Durchsetzung des Durchfahrtverbots (teilweise SN, teilweise BN). Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h auf der A73 zwischen der Anschlussstelle „Nürnberg-Zollhaus“ und Kreuz „Nürnberg-Hafen“ zum Schutz der Bewohner des Stadtteils Gartenstadt vor Luftschadstoff- und Lärmbelastungen (SN wohl einverstanden, Problem des Freistaats Bayern)
  • Änderung der Planung, sodass die im Wohnumfeld befindlichen Tunnelportale (Süd und Nord) in einer Weise ausgebildet werden, dass der jeweils gültige Grenzwert für Stickstoffoxide (NOx) entsprechend den geltenden gesetzlichen Bestimmungen eingehalten wird und auch im Übrigen kein weitergehender Beitrag zur Luftschadstoffbelastung in der unmittelbar angrenzenden Umgebung sowie im Stadtgebiet an sich entsteht (BN: Konkretisierung des Vorschlags SN)
  • Einrichtung einer Umweltzone innerhalb des durch die Bundesstraße B4R umschlossenen Teils der Innenstadt, spätestens ein halbes Jahr nach Wirksamwerden des Vergleichs. Bestandteil der Umweltzone ist auch der innerhalb des Bundesstraßenrings B4R verlaufende Teilabschnitt des Frankenschnellwegs (Vorschlag SN)
  • Durchführung einer Machbarkeitsstudie und einer standardisierten Bewertung für die im Nahverkehrsentwicklungsplan vorgeschlagene Stadtbahn nach Kornburg (Vorschlag SN) und ggf. Planungsauftrag (Vorschlag BN)
  • Anstreben des Weiterbaus der Stadt-Umland-Bahn bis zum Stadtgebiet von Erlangen (Tennenlohe, Großgründlach) auf einer umweltschonenden Trasse (Vorschlag SN)
  • Investitionen zur Verkehrsentlastung: In den Jahren 2018 bis 2027 jeweils ein jährlicher Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro für die Förderung des Radwegenetzes und des Radverkehrs im Stadtgebiet, von 1 Million Euro für Lärmschutzmaßnahmen für Anwohner von Straßen, für die die Stadt Nürnberg Straßenbaulastträger ist, sowie von 4 Millionen Euro für Maßnahmen zur Stärkung des ÖPNV (über die genannten Projekte hinaus). Der Betrag erhöht sich um einmalig weitere 10 Millionen Euro, wenn nicht wenigstens eines der genannten Bahnprojekte bis 2023 verwirklicht wird (Angebot SN 4 Mio. jährlich auf 5 Jahre)
  • Vor der Fertigstellung des planfestgestellten Vorhabens werden Straßenpläne für die Rothenburger Straße, Fürther Straße, Schwabacher Straße, Landgrabenstraße, Steinbühler Straße, Gibitzenhofstraße und Witschelstraße in den Stadtrat bzw. den Verkehrsausschuss zur Beschlussfassung eingebracht, die das Ziel haben, einzelne oder alle diese Straßen vom Kfz-Verkehr zu entlasten. Als erste Maßnahme soll die Fürther Straße zwischen Maximilianstraße und Plärrer auf eine Fahrspur pro Richtung zurückgebaut werden und mit eigenständigen Radwegen versehen werden. Die durch die Entlastungswirkung des kreuzungsfrei ausgebauten Frankenschnellwegs freiwerdenden Kapazitäten in diesen Straßen sollen dem Fuß- und Radverkehr zugutekommen (Vorschlag BN)
  • Änderung der Planung, sodass zwischen den Kreuzungen Rochusfriedhof/Schreyerstraße und Knauer- bzw. Spenglerstraße nur zwei Fahrbahnen (eine pro Richtung) vorgesehen sind (Vorschlag BN)
  • Errichtung weiterer Mobilitätsstationen mit Carsharing-Plätzen im Stadtgebiet (Vorschlag SN)
  • Vorrangschaltung für die Straßenbahn am neuen Verkehrsknoten „Neue Kohlenhofstraße/Steinbühlstraße“ (Vorschlag SN)
  • Vorlage der Umweltverträglichkeitsstudie nach Fertigstellung. Der BN kann sich innerhalb einer Frist von acht Wochen äußern, ob er aufgrund der UVS Änderungen des Vergleichs wünscht (teilweise SN)

Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass der Vorschlag des BN die Vorschläge der Stadt Nürnberg auf den Kopf gestellt hat.