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Vandana Shiva bekommt den Bayerischen Naturschutzpreis 2012

Für ihren jahrzehntelangen Kampf für eine gerechtere Verteilung der Ressourcen auf dieser Erde wurde Frau Dr. Vandana Shiva der Bayerische Naturschutzpreis vom BUND Naturschutz verliehen.

07.12.2012

Ihren engagierten Einsatz gegen Monsanto und die Gentechnik hat sie unter anderem auch in Bayern ausgetragen und damit einen entscheidenden Beitrag für die Durchsetzung eines gentechnikfreien Bayerns geleistet.

Vor der Verleihung des Preises hatten wir die Möglichkeit, ein kurzes Interview mit dieser beeindruckenden Frau zu führen.

Leonie Atzl: Frau Shiva, wir sind beide 18 Jahre alt und haben letzten Sommer die Schule beendet. Jetzt machen wir gerade ein Freiwilliges Ökologisches Jahr. Was haben Sie getan, als Sie in unserem Alter waren? Haben Sie sich schon mit dem Umweltschutz beschäftigt?

Vandana Shiva: Als ich 18 war, war ich natürlich sehr verbunden mit der Natur und ich bin oft in den Wald gegangen, aber ich studierte gerade Atomphysik und ich verbrachte meine Zeit in Indiens nuklearen Forschungseinrichtungen. Dort habe ich realisiert, welchen Schaden Atomkraft anrichten kann und ich bin theoretische Physikerin geworden. Aber dann, als ich ein bisschen älter war als Ihr, wurde ich Freiwillige in Indiens erster moderner Umweltbewegung „Chipko“, bei der Frauen protestiert und Bäume umarmt haben - „Chipko“ heißt umarmen. Dort habe ich meine ersten Erfahrungen mit dem Umweltschutz gemacht.

L.A.: Was waren Ihre persönlichen Beweggründe, um sich für den Umweltschutz zu engagieren?

V.S.: Einerseits eine tiefe Liebe zur Natur, aber auch das Einsehen der Konsequenzen der Naturzerstörung. Ich habe gesehen, wie Erdrutsche häufiger wurden, als der Wald verschwunden ist. Ich habe die Trinkwasserkrise wachsen sehen, als unser Wasser verschwunden ist. Ich habe die Unterernährung wachsen sehen, als unsere Ackerböden ausgewaschen wurden und der Artenreichtum verschwunden ist. Und jetzt sehe ich unsere Farmer Selbstmord begehen, weil Monsanto genmanipulierte Samen verbreitet und Nutzungsgebühren einkassiert. Es gibt also sehr, sehr viele Gründe, aber alle haben mit dem Wunsch zu tun, das Leben beschützen zu wollen.

Timo Zippelius: Wenn die Leute Ihren Namen hören, denken die meisten hauptsächlich an Ihren Kampf gegen Monsanto. Was war Ihre erste Begegnung mit Monsanto?

V.S.: Meine erste Begegnung mit Monsanto war während der Verhandlungen über die Biodiversitätskonventionen. Monsanto saß immer hinter der amerikanischen Delegation und wenn ein Land eine strengere Regelung zur Biosicherheit wollte, beeinflussten sie die Delegation und versuchten sie zu verhindern. Mein zweiter Kontakt war, als sie riesige Werbungen in indische Zeitungen stellten und sagten, sie würden genmanipulierte Baumwolle nach Indien bringen. Ich warf einen kurzen Blick darauf und merkte, sie hatten sich keine Genehmigung eingeholt. Also habe ich sie verklagt, vor dem obersten Gericht. Und seitdem habe ich eine sehr innige Beziehung mit Monsanto (lacht).

T.Z.: Was war für Sie der Hauptgrund, den Kampf gegen Monsanto anzufangen?

V.S.: Mein Hauptgrund, den Kampf gegen Monsanto anzufangen, war die Tatsache, dass sie behaupten, das Leben erfunden zu haben. Denn man patentiert nur eine eigene Erfindung. Wenn man Saatgut oder eine Lebensform patentiert, behauptet man, dass man sie erfunden hat und das ist eine Lüge. Und ich kann Lügen nicht ausstehen. Meine oberste Priorität ist, die Lüge von Monsanto und dessen Saatgutmonopol zu stoppen. Mit ihren Patenten legen sie sich mit mir an. Und es ist dokumentiert, dass Monsanto sagte, sie hätten die Schutz- und Urheberrechte der Welthandelsorganisation geschrieben. Sie haben gesagt: „Wir sind der Patient, der Diagnostiker, der Arzt, alles in einem. Wir haben einen Vertrag geschrieben, wir haben das Problem definiert.“ Und für sie ist die Tatsache, dass ein Bauer sein Saatgut aufhebt, ein Problem. Für mich ist das eine ökologische und moralische Pflicht.

Aber es gibt einen zweiten Grund, warum ich mich auf einen Kampf mit Monsanto einlasse. Ich glaube nicht, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel einen Platz in unserer Ernährung oder in unserer Kultur haben sollen. Und ich sage das als Wissenschaftlerin. Ich sage das als Wissenschaftlerin, die die Grüne Revolution studiert und herausgefunden hat, wie viel Schaden sie angerichtet hat. Das Märchen, das sie erzählen, ist, dass Indiens Hungersnot sich in Überfluss gewandelt hat. Die Wahrheit ist: Indien hat sein Land verloren, sein Wasser und seine Farmer. Und ich habe studiert, was Gentechnik ist. Es ist der geschmacklose Weg, ein Gen von einem Organismus in einen anderen einzuführen. Das ist keine gute Art und Weise, Essen herzustellen. Wir haben bessere Möglichkeiten, indem wir ökologische Prozesse und die Artenvielfalt intensivieren. Sie [Monsanto] zwingen der Welt gentechnisch veränderte Organismen auf, selbst wenn das bedeutet, die Gesetze zu verändern, Regierungen zu bestechen oder Wissenschaftler zu bedrohen. Sie benutzen sämtliche Mittel der Personalaufteilung und Stationierung.

L.A.: Sie sprachen von Lügen. Wir haben uns eine Werbung von Monsanto angesehen und müssen sagen: Ihre Lügen sind sehr überzeugend. Ist es schwierig, Menschen davon zu überzeugen, dass Monsanto nicht so gut ist, wie sie behaupten?

V.S.: Sagen wir es so: Für jede Werbung, die Monsanto für eine Million Dollar produziert, müssen wir zwei weitere Jahre arbeiten, mit starken Gesten und Methoden. Denn wir arbeiten mit Aufrichtigkeit und Wahrheit. Mit der Wahrheit, die Arbeit so zu machen, dass Leute sehen können: Artenreiche Systeme produzieren mehr Lebensmittel.

Außerdem überzeugen wir durch Forschung. Und nicht zuletzt arbeiten wir mit den demokratischen Regierungen, indem wir sagen: Ihr könnt die Faktoren, die von Monsanto bestochen werden, stoppen. Deswegen arbeiten wir mit unserem Parlament.

T.Z.: Sie kämpfen nun seit Jahrzehnten gegen Monsanto und für den Umweltschutz. Woher nehmen Sie die Kraft dafür?

V.S.: Wissen Sie, das Leben ist Kraft. Das Leben ist der Ausdruck von Kraft. Und Leben zu verteidigen, erneuert diese Kraft. Mein Schutz von Saatgut und mein Kampf gegen Monsanto sind die Umsetzungen eines Saatguts, das sich selbst zu einem  patentierten Samen umwandelt, welcher nicht gesichert werden kann und jedes Jahr neu gekauft werden muss. Wenn du also ein Teil des Lebens und seines erneuerbaren Prozesses bist, warum solltest du ermüden? Saatgut ermüdet nicht, solange es keine Terminator-Saat ist, und wenn du ein Teil des Lebens bist und mit dem Leben fließt, bemerkst du, dass du Teil einer größeren Erde bist, Teil eines größeren Universums, und die Energie um zu tun, was du tust, kommt zu dir.

T.Z.: Was war Ihrer Meinung nach der größte Erfolg in Ihrem Kampf gegen Monsanto und für den Umweltschutz?

V.S.: Einer der größten Erfolge ist, dass wir sie [Monsanto] daran gehindert haben, ein Patent auf eine sehr alte indische Weizensorte anzumelden, das war hier in Bayern. Sie mussten ihr Patent vor dem europäischen Patentbüro wieder aufgeben.

Und der andere große Erfolg war, dass wir sie in die Defensive getrieben haben, was genetisch veränderte Organismen angeht. Als ich diese Industrie 1987 das erste Mal reden hörte, sagten sie, sie würden bis zur Jahrhundertwende jegliche Lebensmittel und auch die Gesundheit kontrollieren. Aber wenn man sich eine Karte erstellt und diese anschaut, sieht man: Es gibt mehr Länder ohne Genetisch Veränderte Organismen (GVO) als mit GVO. Mehr Weizenarten sind gentechnisch unverändert als gentechnisch verändert. Wenn man also auf die verhältnismäßige Balance schaut, wollten sie alles. Sie wollten alles gentechnisch verändert, sie wollten alles patentiert. Aber die meisten Dinge sind befreit und wir werden weiter arbeiten, bis jeder Samen, jede Lebensform, jeder Farmer, jeder junge Mensch und unsere zukünftigen Generationen befreit sind. Deshalb führen wir die Kampagne gegen Patente.