Kommt der Frankenschnellweg durch die Hintertür?
Die so genannte neue Kohlenhofstraße gehört zum Verfahren des Frankenschnellwegausbaus. Doch schon jetzt soll ein Teil für die Erschließung des Areals gebaut werden. Der BUND Naturschutz kritisiert das Vorgehen und bemängelt viele Nachteile der Planung.
Pressemitteilung vom 5. April 2022
Vielspurige Anbindung zum Frankenschnellweg
Als Emmy-Noether-Straße soll die Kohlenhofstraße im Zuge des Frankenschnellwegausbaus vollkommen neu gebaut werden. Die Maßnahme gehört zum Planfeststellungsverfahren, das der BUND Naturschutz beklagt. Mit bis zu sechs Spuren in beiden Richtungen wird sie den überregionalen Verkehr aus Sicht des BN direkt in die Nürnberger Kernstadt bringen und den heutigen Stau an das Ostende am Steinbühler Tunnel verlagern. Heute ist die Kohlenhofstraße überwiegend zweispurig als reine Einbahnstraße im Verkehrssystem der Stadt Nürnberg verankert. Die neue Planung sieht zudem vor, die Kohlenhofstraße von der Wohnbebauung weg nach Süden zu verlagern.
Dort soll sie das neue Baugebiet erschließen, auf dem heute schon Firmengebäude der DATEV und der GfK entstanden sind. Auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände wird daher vom BN gewünschtes Gewerbeflächenrecycling mit der Ansiedlung zwei der zukunftsfähigsten Nürnberger Unternehmen praktiziert. Die Firmen haben damit auch erstmals S-Bahnanschluss und damit gute ÖPNV-Verbindung in die Region. Dies ist besonders wichtig, da sie jetzt erheblichen Pendlerverkehr auslösen.
Auch Teilausbau gehört zum Frankenschnellweg
Die Stadt Nürnberg beabsichtigt aktuell einen Teilausbau der Emmy-Noether-Straße, um das Kohlenhofareal besser anfahren zu können. Die gesamte Straßenplanung wird auch hier vom Servicebetrieb öffentlicher Raum (SÖR) geleistet und nicht vom Verkehrsplanungsamt, wie man meinen könnte. SÖR ist stadtintern für das Planfeststellungsverfahren Frankenschnellweg zuständig. Werden hier also Vorbereitungen für den Frankenschnellweg geschaffen?
Mehr Lärm und Dreck für Anwohner
Der BUND Naturschutz begrüßt, dass die neue Kohlenhofstraße von den Wohnhäusern weggerückt wird. Dies ist für die geplagten Anwohner zuerst ein großer Vorteil. Grundsätzlich erkennt der BN auch eine Anbindung der Gewerbeflächen als notwendig. In keiner Weise kann sich der Naturschutzverband jedoch mit dem Ablauf des Verfahrens einverstanden erklären. „Die Kohlenhofstraße gehört fest zum Klageverfahren des Frankenschnellwegs. Dass der Servicebetrieb öffentlicher Raum sie plant, unterstreicht das deutlich“, führt Ulrike Müller-Telschow vom BN-Vorstand aus. „Man kann nicht einfach in Salamitaktik mit dem Bau beginnen, solange noch ein Gerichtsverfahren läuft. Auch alle städtischen Pläne belegen das Vorgehen deutlich. Hier ist die Kohlenhofstraße meist vierspurig in beiden Richtungen als Grundlage genommen und die neue Erschließung deckungsgleich darüber gezeichnet.”
„Die Straße dürfte im Ergebnis auch für die Anwohner im Umkreis des Geländes keine Entlastung bringen. Die Parkhäuser auf dem Areal kündigen zusätzlichen Auto-Pendlerverkehr an, der sämtliche Zufahrtsstraßen der Umgebung belasten dürfte. Insbesondere bei einer gezielten Verkehrsführung durch die Garten- und Schanzäckerstraße sind für die Anwohner dort mehr Lärm und mehr Abgase zu erwarten”, unterstreicht Martin Wolff vom BN-Arbeitskreis Mobilität.
Bebauung und Parkplätze statt Park
Deutliche Kritik übt der BUND Naturschutz zudem an vielen weiteren Bereichen der Planung. Noch 2010 war z.B. vorgesehen, auf dem freigewordenen Gelände nördlich der neuen Kohlenhofstraße einen Park zu errichten. „Für die Bewohner wäre das eine dringend notwendige Grünfläche im dramatisch unterversorgten Gostenhof und ein kleiner Ausgleich zur Blechlawine, die auf sie zukommt”, argumentiert Wolfgang Dötsch, Biologe beim BN. Laut neuesten Plänen soll auch dieser schmale Korridor weitgehend als Baufläche genutzt werden. Damit hätten die Bewohner eine wahre Straßenbauorgie vor ihrer Haustür. Denn die alte Kohlenhofstraße soll nicht einfach verschwinden, sondern als gekappte Erschließungsstraße weiter bestehen bleiben. Insgesamt bis zu acht Fahrspuren kurz nebeneinander hätten also Anwohner von Nord nach Süd zu überqueren. „So grotesk autogerecht wurde selten in den letzten Jahrzehnten in der Nürnberger Kernstadt geplant“, resümiert Ulrike-Müller Telschow vom BN-Vorstand.
Bessere Wege für Radfahrer und Fußgänger
Viele weitere Kritikpunkte betreffen die Ausführung der Straßenplanung. So sind die Bedürfnisse für Fußgänger und Fahrradfahrer kaum berücksichtigt. Während das Kohlenhofareal für den Kfz-Verkehr vollkommen überdimensioniert erschlossen wird, fehlen durchgängige Verbindungen für den Rad- und Fußverkehr zu den benachbarten Stadtteilen. Zusätzliche Wege sollen erst mit dem Komplettausbau kommen. Die Schwabacher Straße und die Steinbühler Straße ermöglichen keine annährend sinnvolle Radverkehrsanbindung. „Wir brauchen hier schon jetzt bessere Querungsmöglichkeiten und große Rad- und Fußwege beiderseits. Das entspricht dem zukünftigen Verkehr einer kompakten Kernstadt viel mehr als Kraftfahrzeuge. Auch eine attraktive, begrünte Fußgängerverbindung zwischen den ÖPNV-Knoten Plärrer und Kohlenhofareal wäre an dieser Stelle sinnvoll”, meint Martin Wolff.