Kreatives Upcycling international – von Afrika lernen
Unter dem Motto „Von Afrika lernen“ war unsere kleine Ausstellung im Juli 2021 auch bei den 13. Akwaba-Kulturtagen der Nürnberger Initiative für Afrika (NIfA) vertreten. Mehrere Gruppen steuerten zur Eröffnungsveranstaltung originale Upcycling-Gegenstände zum Anfassen und Staunen aus „ihren“ Ländern bei. Besonders gefielen dem Publikum die tollen farbenfrohen Gebrauchsobjekte aus Namibia, unter anderem fein aus Telefonkabel geflochtene Obstkörbe, raffinierte Blechspielzeuge und Einkaufstaschen aus alten Plastiksäcken. Aus Äthiopien kamen unter anderem handfeste Schöpfkellen, Siebe und Trommeln aus ausrangierten Blechdosen sowie durable Sandalen aus alten Autoreifen – alles vollkommen alltagstauglich. Wir bedanken uns noch mal bei NIfA und allen, die mitgesammelt haben.
In vielen Regionen Afrikas befassen sich kreative Start-ups auch mit Re- und Upcycling in viel größerem Stil – von Gemüseanbau in alten Plastiksäcken bis zu Straßenbelägen aus geschreddertem Kunststoff und mehrstöckigen Wohnbauten aus alten Schiffscontainern.
Trotz aller tollen Verwertungsideen gilt für uns aber nach wie vor: Lieber gar nicht erst so viel Müll produzieren – und vor allem nicht in andere Länder exportieren.
Unser Konsumverhalten überlastet bekanntermaßen stark die Umwelt. Da lohnt es sich, Vorhandenes viel intensiver zu nutzen. Die westliche Wohlstandswelt sollte sich endlich von der Vorstellung verabschieden, alles ständig perfekt neu und genormt und in riesigen Mengen zur Verfügung zu haben und einfach zu entsorgen, sobald es nicht mehr gefällt.
Re- und Upcycling hat nichts mit kleinlich sparsam oder unprofessionell zu tun. Es ist eine dem 21. Jahrhundert angemessene Lebenseinstellung. Erst mal schauen, was da ist, und etwas Sinnvolles daraus machen. Die informellen Werkstätten und Märkte „ärmerer“ Regionen machen seit jeher vor, wie aus Altem Neues entsteht und Ressourcen ständig im Kreislauf bleiben.
Die Ortsgruppe „Nürnberger Süden“ und der Arbeitskreis „Forum international“ hatten 2020 Anregungen gesammelt und beim Repair-Café Katzwang schon kurz vorgestellt. Hier nun digital zumindest einige Impressionen und Textausschnitte. Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, 2021 alles live und zum Anfassen präsentieren zu können. Wir bedanken uns herzlich bei allen Reisenden und Gruppen, die Fotos beigesteuert haben.
Mehr als neu ... was wird zu was?
Klassisches Recycling
Material wird gesammelt und neu aufbereitet, z.B. Flaschen aus eingeschmolzenem Altglas, Straßenbelag aus Altplastik
Einfach aufbrauchen
Gebrauchsgegenstände länger benutzen, weniger Neues produzieren/kaufen, materielle Bedürfnisse „entschlacken“
Reparieren
Werkstätten, Repair-Cafés, Ersatzteile aus dem Schrotthandel
Secondhand
Flohmarkt, Kleidertausch, Erbstücke. Tendenziell wird das Teil immer wertloser (Downgrading), z.B. altes Hemd als Arbeitskittel, Einrichtung aus Flohmarktmöbeln
Refurbishing
Elektrogeräte wie Laptop, Handy oder Kühlschrank „überholen“, überarbeiten lassen; nicht genormt, aber so gut wie neu
Upcycling
Aus älteren Teilen neue, nützliche, höherwertige Produkte umarbeiten (Upgrading). Umnutzung, Zweckentfremdung (Repurposing). Zeit-, Energie- und Materialeinsatz sollten in vernünftigem Verhältnis zum Effekt stehen, z.B. Blechkanister wird Kochgestell, ausrangierte Schiffscontainer als Wohnmodule
„Frankensteining“
Aus zwei oder mehr Fragmenten individuell etwas komplett Neues, meist Aufsehenerregendes kreieren, z.B. ausrangierter Bus auf Holzfloß wird Flussfähre
Umgang mit Ressourcen, Recycling und kreatives Upcycling in Afrika
Spielzeug und Instrumente
Aus alten Blechdosen, Gummireifen etc. (z.B. Busmodell Zimbabwe, Flugzeuge „Air Mali“ und „Air France“ aus Mali)
Umweltmanagement in Namibia
Umweltbildung und kreatives Upcycling (Fotos: Irit und Roland Holzheimer/NIfA und NaDEET = Namib Desert Environmental Ecucation Trust/Urban Sustainability Centre)
Kleidung und Quilts
Mit Stoffresten werden Kleidungsstücke verschönert bzw. zusammengeschneidert. Speziell in Liberia haben übrigens künstlerische Quilts eine lange Tradition. Die ersten befreiten Sklaven brachten die Idee schon um 1820 aus Amerika mit.
Metall und Kunststoff
Unter anderem Gummi-Schöpfeimer werden in Mali aus Lkw-Schläuchen und Draht hergestellt. Zöpfe und Kordel aus alten Plastiktüten, Lichtquelle und Duschkopf aus alten Getränkedosen. Plastikflaschen werden gesammelt, sortiert und als Verpackung mehrfach genutzt, z.B. für Benzin, Öl, Erdnüsse. (Fotos u.a. Gudrun Kahl/LAG Mali, Karin Gleixner/Stadt Nürnberg/Amt für Internationale Beziehungen)
Kenia
Kleinserien von Koffern und Kocher aus Blechkanistern (Fotos: Aziza und Hartwig Kaufmann)
Äthiopien
Praktische Gebrauchsgegenstände (Fotos: Günter Bösader/Hawelti e.V.)
Dekoratives für den fairen Handel
Werkstätten und Projekte verwandeln Abfälle in hochwertige Produkte und bieten neue „saubere“ Arbeitsplätze, z.B. Kalimba-Instrumente aus Blech, Schmuckdöschen aus PET-Flaschen (Südafrika), fein gewebte Taschen aus alten Plastiktüten (Burkina Faso).
Globale Schiebereien
Deutschland exportiert jährlich über 1 Million Tonnen Plastikmüll. Weltweit fallen viele Millionen Tonnen teils hochgiftige Reste an. Ein guter Teil davon wird zum Recycling in ärmere Länder entsorgt. In Ghanas Hauptstadt Accra liegt eine der größten Müllkippen Afrikas für Elektroschott.
Müll als Landfill
Liberia, Monrovia: Für unsere Begriffe etwas skurril, wird der Abfallberg kurzerhand mit Erde überdeckt zu neuen Gartenflächen umgewandelt. (Fotos: Peter Hirscher)
Das können Sie selber ausprobieren
- Kaputten Fahrradschlauch in 3-5 mm breite Ringe zerschneiden, ergibt massenhaft durable Gummiringe für den Haushalt. Viele Gummiringe mehrfach kreuz und quer straff um eine große Holzperle o.Ä. spannen = Gummiball für Kinder
- Weben und Kordeln flechten mit bunten Plastikresten. Tüten dazu in schmale Streifen schneiden
- Kleine Fehler selbst reparieren, z.B. mit Hilfe im Repair-Café