Gräben schließen, nicht weiter aufreißen!
BUND Naturschutz fordert OB König zum Dialog mit den Betroffenen auf – NSU-Terror-Opfer-Platzgestaltung in St. Peter braucht dringend demokratische Partizipation.
Pressemitteilung vom 28. November 2024
Kein Gestaltungsplan, sondern irreführende Fotos und Worte
Im Oktober schien alles noch gut. Die Präsentation zur Bürgerversammlung informierte alle Anwesenden, dass der İsmail-Yaşar-Platz aus einer Wiese mit Bäumen und einem Brunnen besteht.
Angekündigt wurde: „Die Aufenthaltsqualität des Platzes soll durch vielfältige Sitzmöglichkeiten und eine geeignete Wegeführung verbessert werden. Der vorhandene Brunnen wird in die Neugestaltung integriert und durch eine farbenfrohe naturnahe Bepflanzung optisch verbessert. Es wird zudem mehr Platz für Grünflächen geschaffen.“
Völlig übers Ziel hinaus geschossen
Diese Beschreibung plus Fotos der intakten Grünfläche und angrenzenden Lorschstraße deuteten weder massive Eingriffe in die Wiese noch Baumfällungen an. Man erwartete noch eine baldige Beteiligung zur Gestaltung. Stattdessen rückten die Bagger an. Zwei Tage nach Baubeginn waren erstmals Details am Bauzaun zu lesen. Am Ende der Woche war tabula rasa in der kleinen Wiesenfläche und es drohen weitere Beschädigungen der säumenden großen Linden.
„Wäre statt der Bestandsfotos der vorliegende Gestaltungsplan gezeigt worden, hätte sich sofort ein rege Diskussion ergeben, und die Betroffenen hätten die Nutzungsanforderungen und ihre Wünsche genauer dargelegt“, so Bettina Uteschil, BN-Ortsgruppenvorsitzende Zabo-Gleißhammer. „Denn gewünscht worden waren ja lediglich Sitzplätze für Alltagsbegegnungen und einige Verschönerungen.“
BN bat um Dialog, Baumschutz-Ortstermin zur Plan-Vorstellung
Durch Interpretation der nicht lesbaren „Karte“ auf der SÖR-Webseite zum Vorhaben vermutete der BUND Naturschutz erhebliche Eingriffe in den Baumbestand. Der Vorsitzende Klaus-Peter Murawski wandte sich daraufhin sofort an Herrn Oberbürgermeister König mit der Bitte, die Bäume zu schonen und einen Dialog zwischen Verwaltung und Betroffenen zu ermöglichen.
SÖR-Mitarbeiter erläuterten bei einem kurzfristig vom BN organisierten Ortstermin erstmals Bürgern die Planung. Obwohl während normaler Arbeitszeit mitten am Tag waren fast zwanzig Personen gekommen, die erfahren wollten, was genau geplant ist. Dass nicht nur Sitzplätze und Bepflanzung ergänzt werden, sondern die intakte Wiese einer „Generalsanierung“ unterzogen wird und bestehende Nutzungen nicht berücksichtigt sind, wurde schnell deutlich.
Vorstandsmitglied Bettina Klose sagt: „Wir fragen uns, wie es passieren konnte, dass in der vierjährigen Planungszeit keine Einbeziehung der Bürger*innen und des Stadtteil-Arbeitkreises stattfand und folglich derart an den Bedürfnissen und Aufwertungs-Wünschen vorbei für dreifaches Budget ein nun 300.000 € teurer Neubau geplant wurde.“
NSU-Mordopfer-Platz braucht demokratische Partizipation
Nun ist der İsmail-Yaşar-Platz-Platz aber nicht irgendein Platz, sondern die Wiese, welche in Gedenken an unseren von Rechtsterroristen ermordeten Mitbürger dessen Namen trägt. Und aus dem Stadtteil heraus hat sich eine Reihe von Aktionen und Veranstaltungen entwickelt, bei denen insbesondere Heranwachsende Respekt und Toleranz sowie eine demokratische Grundhaltung erfahren können.
Speziell an diesem Ort ist ein intensiver demokratischer Beteiligungsprozess extrem wichtig. Denn es gilt, die lokalen Akteure einzubeziehen, die hier Widerstand gegen Faschismus sowie die Erinnerung an die entsetzliche Tat lebendig halten.
Es ist noch nicht zu spät!
Die Akzeptanz einer „Park“-Neuanlage ist enorm wichtig, damit ihr nicht von vornherein Vandalismus und Verschmutzung droht. Das darf gerade am İsmail-Yaşar-Platz nicht riskiert werden.
Auch eine spezielle direkte Mitwirkung lokaler Akteure, wie beispielsweise die prämierte Gedenkortgestaltung durch die Scharrerschüler, wäre absolut wünschenswert, um direkte Verbundenheit, besonderes Interesse und Achtsamkeit für den Ort zu erreichen.
Noch können die schlimmsten Schäden verhindert werden. Wir rufen den Oberbürgermeister auf: „Holen Sie jetzt die Beteiligung nach und eröffnen Sie Wege, die Planung mit bestehenden Nutzungen und den Belangen der Betroffenen in Einklang zu bringen.“