Misteln in der Weihnachtszeit: Druidenkraut und Vogelfutter
Die Bäume haben ihr Laub verloren und in den kahlen Kronen sieht man jetzt grüne, rätselhafte Kugeln: Misteln. Zu Weihnachten wird die immergrüne Pflanze gerne zur Dekoration verwendet, aber auch in der Medizin findet sie erfolgreich Anwendung. Für Vögel ist die Mistel eine wichtige Nahrungsquelle in den Wintermonaten.
Pressemitteilung vom 12. Dezember 2024
In der grauen Winterzeit sind die immergrünen Mistelzweige besonders für Dekorationszwecke beliebt. Im Haus aufgehängt, sollen sie nach alter Überlieferung vor bösen Geistern und Feuer schützen. Einst galten Misteln als Zeichen der Götter und Symbol für Weisheit und Frieden. Plinius der Ältere beschreibt, dass sie bei den Galliern nur von Druiden mit goldenen Sicheln gesammelt wurden.
„Heute dürfen Misteln für den Eigengebrauch gepflückt werden. Aber nur in kleinen Mengen und außerhalb von Schutz- und Privatflächen auf öffentlich zugänglichen Bereichen. Der Baum darf dabei selbstverständlich nicht beschädigt werden. Wer Misteln verkaufen möchte, benötigt eine Genehmigung“, erklärt Wolfgang Dötsch von der BN-Kreisgruppe Nürnberg.
Neben ihrer kulturellen Bedeutung werden Misteln auch für ihre heilende Wirkung geschätzt und in der Medizin für alternative und ergänzende Therapien eingesetzt. Die Pflanzeninhaltsstoffe, insbesondere das Mistellektin und das Viscotoxin, wirken positiv auf das Immunsystem und werden seit einigen Jahren in der Krebstherapie verwendet. 2003 wurde die Mistel deshalb sogar zur Heilpflanze des Jahres gekürt.
Spektakuläre Lebensweise als „grüner Mitesser“
Misteln wachsen mit ihren Wurzeln auf Bäumen und gelten als Halbschmarotzer. Die Mistel bohrt ihre Wurzeln in die Leitungsbahnen der Bäume und entzieht ihnen so Wasser und gelöste Nährsalze. Trotzdem kann die Pflanze selbst Fotosynthese betreiben und somit einen Teil ihrer Nahrung herstellen. Mit zunehmender Größe und Alter entzieht die Mistel ihrer Wirtspflanze immer mehr Mineralstoffe, sodass die Astbereiche oberhalb des Mistelbuschs nicht mehr ausreichend versorgt werden können und dürr werden.
Aber: „Ohne Baum kann die Mistel nicht überleben. Aus diesem Grund hat die bis zu 70 Jahre alt werdende Pflanze auch keinen Vorteil, wenn die Wirtsbäume absterben“, so Wolfgang Dötsch weiter.
Misteln in Nürnberg
In Bayern gibt es drei Unterarten der Weißbeerigen Mistel (Viscum album), die allerdings recht unterschiedlich verbreitet sind und die bestimmte Wirtsbäume bevorzugen. In Nürnberg ist vor allem die Kiefern-Mistel häufig, während die Laubholz-Mistel nur ganz sporadisch auftritt. Praktisch nur am Schmausenbuck kann man in den Kronen die seltene Tannen-Mistel entdecken, denn große Weiß-Tannen sind in unseren Wäldern ausgesprochen selten. Kiefern-Misteln scheinen vor allem in Mittelfranken in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen zu haben. Dies ist sicher auf den Klimawandel zurückzuführen. Da die Pflanzen meist sehr hoch in den Bäumen wachsen, spielt auch das Selbstpflücken in der Region praktisch keine Rolle.
Ausbreitung durch Vögel
Die sehr klebrigen, weißen Mistelbeeren reifen im Winter und werden nahezu ausschließlich durch Vögel wie zum Beispiel Mistel- und Wacholderdrossel oder durch exotische Wintergäste wie den Seidenschwanz verbreitet. Die Tiere schlucken die Beeren im Ganzen hinunter, dadurch bleibt der Mistelsamen unverletzt und wird im Vogelkot wieder ausgeschieden. Bei manchen Vogelarten, die nur das Fruchtfleisch fressen, bleibt der Samen am Schnabel kleben. Durch Putzversuche gelangt er dann zufällig an die Wirtsbäume und kann dort keimen. Die nährstoffreichen und süßen Beeren sind damit eine höchst attraktive Winternahrung für zahlreiche Vogelarten.