Neue Konzerthalle: Planungen und Baumaßnahmen stoppen!
Offener Brief an Herrn Oberbürgermeister Marcus König, Stadt Nürnberg, und Kolleginnen und Kollegen
Pressemitteilung vom 7. Oktober 2020
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister König, sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister und Referenten, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
am 9. Oktober 2020 tagt erneut die Konzerthallen-Kommission und im November sollen im Rahmen der Haushaltsberatungen „Nägel mit Köpfen“ für das Konzerthallenprojekt gemacht werden. Endgültig beschlossen ist bisher nichts und auch die Finanzierung des Projektes steht noch auf wackligen Füßen. Gleichwohl rollen vor Ort schon die Bagger und bauen eine neue Zufahrt und räumen schon einmal kräftig Vegetation ab. Es wäre nicht verwunderlich, wenn demnächst auch schon die ersten großen Bäume gefällt werden, weil sie irgendwelchen bauvorbereitenden Maßnahmen im Wege stehen.
Bei nüchterner Betrachtung konnte die Standortwahl von Anfang an nicht überzeugen. Der BUND Naturschutz, Kreisverband Nürnberg, und sein Arbeitskreis Bäume in der Stadt haben sich aus ökologischen, klimapolitischen und städtebaulichen Gesichtspunkten entschieden gegen die Realisierung des Projektes westlich der Meistersingerhalle ausgesprochen. Unsere Argumente finden Sie noch einmal in den beigefügten Pressemitteilungen vom Januar und Juli 2020.
Ein wesentliches Argument für unsere ablehnende Haltung ist die geplante Fällung von 84 zum großen Teil mächtigen und sehr alten Bäumen. Der Wert dieser Bäume (der auch im Umweltbericht zum Bebauungsplanverfahren herausgehoben wurde) und deren Vitalität wird von den städtischen Planern mittlerweile relativiert. In der Vorlage für die Konzerthauskommission am 9.10.2020 heißt es hierzu u.a.: „Aufgrund äußerer Einflüsse (teils Versiegelung bis an die Stammfüße, extreme Witterungsperioden mit heißen und sehr trockenen Phasen in den letzten Jahren) sind viele der Bäume allerdings bereits jetzt von nur noch eingeschränkter Vitalität; bei einigen Bäumen ist kurz- bis mittelfristig eine Abgängigkeit zu erwarten.“
Diese Argumentationsweise, die man sonst eher von privaten Bauträgern kennt, denen Bäume im Wege stehen, steht der Stadt Nürnberg nicht gut an. Dieser Argumentation folgend, könnte man im Stadtgebiet sicher bedenkenlos die Hälfte des Baumbestandes im Bereich überwiegend versiegelter Flächen (Straßen, Plätze etc.) beseitigen. Viel sinnvoller wäre es zu überlegen, durch welche Maßnahmen man den Bestand in seiner Vitalität steigern könnte (z.B. Bewässerung, Düngung und weitere Baumpflegemaßnahmen).
Wenig überzeugend sind auch die vorgeschlagenen Ersatzpflanzungen, die ohnehin zu rund einem Drittel nur Ankündigungen ohne Verbindlichkeit und konkrete Standorte sind. Selbst wenn man die Zahl von 121 Ersatzpflanzungen ernst nimmt, so kann doch diese Zahl von jungen Bäumen allenfalls erst in Jahrzehnten den ökologischen und klimarelevanten Wert des vorhandenen alten Baumbestandes erreichen. Angemessen wären sicher Ersatzpflanzungen, die um ein Vielfaches höher wären als die jetzt kalkulierten 121 Bäume.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, seit der Standortentscheidung für die geplante Konzerthalle sind mehr als drei Jahre vergangen. In dieser Zeit sind die Auswirkungen des Klimawandels auch in Nürnberg deutlich wahrnehmbar geworden. Mehr Grün und mehr Bäume in der Stadt sind ein probates Mittel, um das Leben in der Stadt auch in Zeiten des Klimawandels erträglicher zu gestalten. Die Beseitigung von wertvollem Baumbestand sollte heutzutage nicht mehr in Erwägung gezogen werden.
Wir bitten Sie deshalb eindringlich, die Planung an dem jetzt vorgesehenen Standort noch einmal gründlich zu überprüfen (auch mit Blick auf die durch die Pandemie und die angespannte Haushaltslage veränderten Rahmenbedingungen) und dafür Sorge zu tragen, dass nicht durch weitere bauliche Maßnahmen vor Ort Fakten geschaffen werden.