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Neue Konzerthalle neben Meistersingerhalle ist und bleibt eine Fehlplanung. Konzerthaus-Kommission tagt am 10. Juli 2020

Der Arbeitskreis Bäume in der Stadt beim BUND Naturschutz Nürnberg lehnt den Standort für die geplante neue Konzerthalle an der Nordwestecke des Luitpoldhains weiterhin aus ökologischen und stadtplanerischen Gründen entschieden ab.

Pressemitteilung vom 7. Juli 2020

Bereits im Januar dieses Jahres hat der BUND Naturschutz Nürnberg im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens eine umfassende Stellungnahme zu dem geplanten Vorhaben abgegeben und die grundsätzliche Ablehnung dieses Vorhabens an dem geplanten Standort ausführlich begründet.

Diese Begründung stützte sich maßgeblich auf den im Verfahren vom Büro Grosser-Seeger eingebrachten Umweltbericht, der dem Projekt in wesentlichen ökologischen Belangen „erheblich nachteilige Auswirkungen“ attestiert.

Zerstörung des wertvollen Baumbestandes

Unter anderem bedeutet dies an dem vorgesehenen Standort konkret, dass letztlich der gesamte Baumbestand westlich der Meistersingerhalle bis an die Schultheißallee und bis an die Münchener Straße zerstört werden soll. Wie aus der Berichtsvorlage für die am 10. Juli tagende Konzerthaus-Kommission hervorgeht, sollen allein im geplanten Baufeld insgesamt 84 Bestandsbäume gefällt werden, darunter 40 Bäume mit einem Stammumfang bis zu 150 cm, 33 Bäume mit einem Stammumfang bis 250 cm und 11 Bäume mit einem Stammumfang über 250 cm.

Überwiegend handelt es sich dabei um heimische, bis zu 200 Jahre alte Stieleichen, aber auch um teils stattliche Rotbuchen, Berg- und Spitzahorne sowie Roteichen. Gemäß des Umweltberichts zur Änderung des Bebauungsplans 4160 „Konzerthaus Nürnberg“ des Büros Grosser-Seeger muss zudem durch die Baustelleneinrichtung, die Freiflächen-Umgestaltung und Spartenver- und -umlegungen mit weiteren Baumverlusten gerechnet werden.

Auf die hohe faunistische Bedeutung des alten Baumbestandes insbesondere für Fledermäuse und viele Brutvogelarten wurde bereits sowohl vom Büro Grosser-Seeger als auch bei der ersten Stellungnahme des BUND Naturschutz detailliert hingewiesen.

Im Umweltbericht des Büros Grosser-Seeger heißt es zu den Umweltauswirkungen des Projektes zusammenfassend und bewertend: „Die Schwere der zu erwartenden Eingriffe rührt hier von der Zerstörung alter Baumbestände, die erst in sehr langen Zeiträumen wiederhergestellt werden können. Neupflanzungen können diese Eingriffe nicht kompensieren.“

Fatale Parallelplanung eines Hotelneubaus

Weitere gravierende Eingriffe in das parkähnliche Umfeld der Meistersingerhalle und zusätzliche Baumverluste sind zu befürchten, wenn parallel zum Bau der Konzerthalle das südlich der Meistersingerhalle gelegene Ramada-Hotel abgerissen werden sollte und an seiner Stelle ein neues zwölfgeschossiges Hotelhochhaus errichtet würde (siehe Berichte in den Nürnberger Zeitungen im Februar 2019 und 2020).

Selbst wenn der Umgriff des neuen Hotels nicht größer wäre als der des bestehenden Hotels, müssten auch hierbei Flächen für die Baustelleneinrichtung und die Baustellenlogistik in Anspruch genommen werden, verbunden mit zusätzlichen Baumverlusten.

Dieses Hotelgroßprojekt sollte deshalb unbedingt unter ökologischen und städtebaulichen Gesichtspunkten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Konzerthallenprojekt betrachtet werden.

Zerstörung des Stadtbildes

Das Stadtbild rings um den „Platz der Opfer des Faschismus“ würde dauerhaft erheblich beschädigt werden. Anstatt der bisherigen, ästhetisch-malerischen Baumkulisse entstünde neben der ohnehin großen Asphaltfläche der Kreuzung eine völlig kahle Ecke mit einem monströsen Riesenkubus, der fatal an ein Hochregallager einer Logistikfirma neben der Autobahn erinnern wird. Diese negative optische Wirkung würde sich durch das dahinter geplante zwölfstöckige Hotelhochhaus mit monotoner, gesichtsloser Fassade noch potenzieren.

Verschlechterung des Stadklimas

Darüber hinaus hat der Luitpoldhain insgesamt eine sehr hohe stadtklimatische Bedeutung als Frischluft- und Kaltluftentstehungsgebiet, insbesondere für die hoch verdichtete und mit Grün stark unterversorgte Südstadt. Der große Gebäudekörper der Konzerthalle und das zusätzlich geplante Hotelhochhaus würden den wichtigen
Luftaustausch zwischen der Parkanlage und der angrenzenden Bebauung nachweislich behindern.

Baumfällungen und Barrierewirkung

tragen insbesondere in Zeiten sich aufheizender Städte zu einer weiteren Verschlechterung des urbanen Klimas bei.

Sitzung der Konzerthaus-Kommission am 10.7.2020

Die vom Stadtrat im Dezember 2018 eingerichtete „Vorberatende Kommission zur Begleitung des Konzerthausbaus“ wurde am 11. Mai 2020 für die Stadtratsperiode 2020/2026 wieder eingesetzt. Die nächste Kommissionssitzung unter Leitung von Julia Lehner findet am 10. Juli statt. Der Kommission gehören 14 Mitglieder des Stadtrates an.

Wesentliche Tagesordnungspunkte der nächsten Sitzung der Kommission betreffen „Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung und zum Ausgleich nachteiliger Umweltauswirkungen“, insbesondere auch Ersatzpflanzungen für die zu fällenden Bäume.

Ausgleichsmaßnahmen sind unzureichend

Die naturschutzrechtlich vorgeschriebenen Kompensationsmaßnahmen lassen sich vor Ort nicht vollständig realisieren, sodass u.a. drei in Neunhof gelegene Maßnahmen aus dem Ökokonto der Stadt Nürnberg herangezogen werden sollen: „Ackerflächen werden zu Ackerbrache“, an der Gründlach entsteht ein  „standortangepasster Ufergehölzsaum“ und ein „degradierter Auwald wird durch punktuelle Gehölzpflanzungen verbessert“ usw.

Angesichts der prekären stadtklimatischen und lufthygienischen Situation in der dicht besiedelten und stark versiegelten Südstadt wirken die vorgeschlagenen Kompensationsmaßnahmen im Knoblauchsland wenig überzeugend bis absurd.

Ebenso wenig überzeugend sind die Vorschläge für Ersatzpflanzungen für die mindestens 84 zu fällenden Bäume. Die Verwaltung rechnet aus, dass gemäß der Baumschutzverordnung der Stadt Nürnberg hierfür 121 Ersatzpflanzungen vorgenommen werden müssen.

Mit den Zahlenangaben zu den Ersatzpflanzungen im Luitpoldhain, den vorgesehenen Neupflanzungen im Rahmen der Außenanlagenplanung für die Konzerthalle und den rechnerisch notwendigen Ersatzpflanzungen außerhalb des Bebauungsplans für die Konzerthalle erzeugt die Verwaltung dann doch eine ziemliche Verwirrung. Transparent und nachvollziehbar sind die Angaben nicht. Für die Kommissionsmitglieder vermutlich auch nicht.

Klar ist die Aussage, dass die als notwendig erachteten Ersatzpflanzungen nicht im Bebauungsplangebiet gepflanzt werden können. Deshalb „verpflichtet sich die Stadt Nürnberg bis spätestens 2030 mindestens 51 weitere Bäume innerhalb des Mittleren Rings in der Südstadt zu pflanzen“.

Diese „Selbstverpflichtung“ der Stadt kann man nur als Mogelpackung und als dürftiges Feigenblatt für das Projekt Konzerthalle bezeichnen. Denn die seit Jahrzehnten bekannten eklatanten Defizite an Grün in der Südstadt und insbesondere an Straßenbäumen müssen und sollen ganz unabhängig von der
Konzerthallenplanung ohnehin behoben werden.

Erinnert sei hier an die Absichtserklärungen fast aller Parteien im Kommunalwahlkampf, im Zeichen des Klimawandels in die sich aufheizende Stadt mehr Grün zu bringen. Und irgendwie schwingt da auch ein schlechtes Gewissen wegen der geplanten Fällungen von vielen, zum Teil sehr alten Bäumen mit.

Für die zusätzlich versiegelten Grünflächen müssten zudem als wirklicher Ausgleich, der den Namen wenigstens ansatzweise verdient, an anderer Stelle im Luitpoldhain überbaute Flächen wieder in Naturflächen zurückgebaut werden. Denkbar wären hier u.a. Parkplätze entlang der Bayernstraße. Leider ist echter Ausgleich dieser Art nicht vorgesehen.

Der Arbeitskreis „Bäume in der Stadt“ beim BUND Naturschutz Nürnberg fordert die Mitglieder des Stadtrates und die Verantwortlichen in der Verwaltung der Stadt Nürnberg auf, die Planungen zur Konzerthalle an dem vorgesehenen Standort noch einmal zu überdenken und von der bisherigen Planung Abstand zu nehmen.

Der östlich der großen Meistersingerhalle gelegene große Parkplatz wäre mit seinem größeren Platzangebot, seiner wesentlich ruhigeren Lage und dem nur jungen und geringeren Baumbestand aus funktionaler, stadtplanerischer und vor allem ökologischer Sicht der deutlich bessere Standort.

Bei gutem Willen und mit der entsprechenden Kreativität ließe sich auch an diesem Standort das bisher favorisierte architektonische Konzept umsetzen – vermutlich auch kostengünstiger!

Zu bedenken ist unseres Erachtens auch, dass die Ermittlung der Rahmendaten für dieses Projekt und die Standortuntersuchungen mehr als fünf Jahre zurückliegen. Seitdem ist viel Wasser die Pegnitz hinuntergeflossen und durch die Corona-Krise haben sich auch die finanziellen Möglichkeiten der Stadt Nürnberg und des Freistaats Bayern erheblich verschlechtert.

Pressemitteilung als PDF zum Download