Faberpark – vor Bebauung gerettet
Der Faberpark, rund 30 Hektar groß und nahe der Stadtgrenze zwischen Stein und Nürnberg an der Rednitz gelegen, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts als Englischer Landschaftsgarten zur Villa des Bleistiftfabrikanten von Faber angelegt. Auf seiner Westseite grenzt der Park an die Rednitzaue, die sich von dort nach Süden erstreckt. Im Laufe der Zeit verwilderte er zu einem naturnahen Wäldchen mit altem Baumbestand und reichlich Totholz; 1971 wurde er unter Landschaftsschutz gestellt.
Von heftigem Widerstand überrascht
Ende der 1970er Jahre wollte Roland Graf von Faber-Castell das „tote Kapital“ zu Geld machen. Dazu sollten große Teile des attraktiv gelegenen Parks in Bauland umgewandelt werden. Dank seiner guten Beziehungen zur Politik und insbesondere der bayerischen Staatspartei glaubte er, leichtes Spiel zu haben, wurde jedoch von heftigem Widerstand der Öffentlichkeit überrascht.
Insbesondere der langjährige BN-Kreisvorsitzende Heinz Mayer setzte sich nachdrücklich für den vollständigen Erhalt des Parks ein und forderte, auf jegliche Bebauung zu verzichten. Stattdessen forderten der BN und eine Bürgerinitiative, der Freistaat solle den Park ankaufen und ihn der Öffentlichkeit zu Verfügung stellen. Diese Forderung unterstrichen sie mit 5.000 Unterschriften, die sie binnen weniger Wochen gesammelt hatten.
Die Parkfreunde wurden dabei auch von zwei jungen FDP-Stadträten unterstützt, deren Partei damals noch sehr ökologisch ausgerichtet war. Einer davon war Klaus-Peter Murawski, der bald zu den Grünen wechselte und später erst Chef der Staatskanzlei und dann Minister in Baden-Württemberg wurde. Und der heute als sein „Altersprojekt“ die BN-Kreisgruppe Nürnberg leitet.
Er weiß eine Anekdote zu berichten, wonach er bei einem Empfang dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß gegenübersaß, der bekanntermaßen ein guter Freund des alten Grafen Faber-Castell war. Nach einem launigen Geplänkel über unterschiedliche Arten des Schwipses, in dem er Strauß von seiner charmantesten Seite her kennenlernte, kam Murawski zur Sache und sprach das Anliegen mit dem Park an. Er ließ dabei auch den Gedanken anklingen, ob Nürnberg nicht ebenso wie München einen Englischen Garten verdient hätte.
Strauß hörte ihm aufmerksam zu, erinnert sich Murawski, und machte sich sogar Notizen. Offenbar gefiel ihm die Idee, wie er beide Seiten glücklich machen könnte: Wenn der Freistaat Bayern den Faberpark kaufte und in der Öffentlichkeit zu Verfügung stellte, wäre sowohl seinem gräflichen Spezl gedient als auch den Parkfreunden – und nicht zuletzt dem Ministerpräsidenten selbst, der sich so als großherziger Freund Nürnbergs zeigen und sich zugleich als weitsichtiger Wirtschaftspolitiker präsentieren könnte. Nicht einmal der Staatshaushalt würde leiden, denn buchhalterisch würden dabei nur liquide Mittel wertgleich in Grund und Boden getauscht.
Eine salomonische Lösung
Das „Parkbündnis“ aus BN, BI und Politik hatte kein Problem mit dieser Lösung, und das Haus Faber-Castell aus naheliegenden Gründen auch nicht. Wenn der Freistaat Bayern den Konflikt auf diese Weise auflöste, war damit tatsächlich allen gedient. Dieser Auffassung schloss sich nach längerem Zögern 1979 auch die Stadt Nürnberg an, die ursprünglich einer Teilbebauung nicht abgeneigt war.
Ausschlaggebend dürfte neben den Protesten der Bürgerinitiative und des BN vor allem eine Stellungnahme der Regierung von Mittelfranken gewesen sein. Sie räumte der Erhaltung des Waldes höchste Priorität ein, weil die Luftqualität in diesem Verdichtungsraum oft unbefriedigend war (und ist).
Einen Vorbehalt machte Faber-Castell jedoch: Einen Parkstreifen entlang der Rednitzstraße wollten die Grafen nicht herausrücken, weil sie auf dem Standpunkt standen, dass dort nach altem Polizeirecht weiter ein Baurecht bestehe. Da der Freistaat dieses Recht weder anerkennen noch ablösen wollte, einigte man sich darauf, dass dieser Streifen ohne Anerkennung von deren Rechtsposition im Eigentum von Faber-Castell bleiben sollte.
1981 erwarb der Freistaat Bayern daher fünf Sechstel des Parks und überließ ihn der Stadt mit der Auflage, ihn zu öffnen und zu unterhalten. Zum Kummer einiger Gartenarchitekten wurde die ursprüngliche Idee, dort den „Englischen Garten“ des 19. Jahrhunderts wiederherzustellen, aus ökologischen Gründen verworfen. Das 1982 vom Nürnberger Stadtrat beschlossene Parkpflegekonzept setzte stattdessen auf einen naturnahen Wald-Park.
Seit 1984 ist der Faberpark öffentlich zugänglich, und Franz-Josef Strauß ließ es sich nicht nehmen, ihn mit einem Festakt am dortigen Mausoleum persönlich der Öffentlichkeit zu übergeben. Die Nürnberger Nachrichten berichteten mit der netten Schlagzeile „Loblieder am Faberpark“.
Den Faberpark erwandern
Heute ahnt wohl keiner der vielen Besucher, dass sie diesen Park letztlich dem Engagement von Nürnberger Naturschützerinnen und Naturschützern verdanken. Und unter den vielen Tafeln ist auch keine, die darauf hinweist. Vielmehr ist der Faberpark einfach da, als ob es gar nicht anders sein könnte: eine herrliche, naturnahe Grünanlage am Rande des Rednitztals, die nicht nur den Bewohnern der angrenzenden „Seniorenresidenz“ weitaus mehr zu bieten hat als das Villenviertel, das nach den ursprünglichen Plänen hier entstanden wäre.
So groß, dass man sich darin verlaufen kann, ist der Faberpark nicht. Allenfalls hat man etwas Mühe, den Eingang wiederzufinden, durch den man den Park betreten hat. Was aber nichts macht, weil viele seiner Eingänge mühelos mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind.
Früher oder später landet man bei dem See, der zentral im Park liegt und einen unwillkürlich an die Vorgeschichte als Englischer Landschaftsgarten denken lässt. Auch ein Blick über den Zaun auf das märchenhafte Faberschloss lohnt sich, das Kulisse einiger Spielfilme war und ironisch „Bleistiftschloss“ genannt wird. Und natürlich führt uns der Weg auch zur Rednitz, die hier – dank unfreiwilliger Mithilfe der Donau – erstaunlich viel Wasser führt. Über der Brücke ist man schon auf dem Stadtgebiet von Stein und damit im Landkreis Fürth.
Wer mehr gehen – oder radeln – möchte, hat reichlich Gelegenheit dazu in den Rednitzauen, die sich an den Faberpark nach Süden anschließen. Ihnen kann man sich auch unbesorgt über den Rückweg überlassen, denn unterwegs finden sich immer wieder Gelegenheiten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück zu seinem Ausgangspunkt zu finden.
Lokalisierung: 49.41491888792534, 11.025378614001024
Ausgangspunkt: einer der Eingänge, zum Beispiel Schloss Stein
Länge/Gehzeit: nach Belieben, kein wesentlicher Höhenunterschied
Einkehr: Nürnberg, Stein
Text: Winfried Berner


