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Das Knoblauchsland: schrittweiser Ausverkauf einer kulturhistorischen Landschaft

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Grünzeug“ vom Kulturladen Almoshof in Kooperation mit dem BUND Naturschutz, Ortsgruppe Knoblauchsland, machten sich am 24. Juli zwölf Interessierte mit ihren Fahrrädern auf den Weg durch das Knoblauchsland. Ziel der Informationsveranstaltung waren die direkt an Thon angrenzenden geplanten Bebauungsgebiete Schnepfenreuth Süd (zwischen der Bamberger und der Schleswiger Straße) und Wetzendorf Ost (zwischen der Schleswiger und der Parlerstraße).

09.08.2021

Neben zwei Mitgliedern der BN-Ortsgruppe Knoblauchsland und einem Mitarbeiter des Kulturladens Almoshof waren auch zwei Bauern mit von der Partie, die hier Freilandgemüse, Kartoffeln und Salat anbauen.

Die erste Station der Fahrt war Schnepfenreuth Süd, wo auch der sogenannte „Bypass“ geplant ist, eine Straße, die für Entlastung der Schleswiger Straße sorgen soll. Es handelt sich um ein Gebiet mit guten Böden und wertvollen Ackerflächen. Es gedeihen hier zum Beispiel Spargel, Getreide und Salat. Auch nisten seltene Bodenbrüter, wie der stark gefährdete Kiebitz und die Haubenlerche, die hier eine der wenigen Rückzugsflächen haben und ihr angestammtes Quartier durch die Bebauung verlieren werden.

Weiter ging es nach Wetzendorf Ost, das vom Seegraben und Wetzendorfer Landgraben durchzogen wird. Dieses Gebiet liegt geografisch in einer Senke und hat ein ungeahnt großes Wassereinzugsgebiet. Der Seegraben mündet in den Wetzendorfer Landgraben und bezieht sein Wasser aus der nördlichen Richtung. Am Marienbergpark entspringt der Wetzendorfer Landgraben und mündet an der Stadtgrenze zu Fürth in die Pegnitz. Sein Wassereinzugsgebiet reicht südöstlich bis zur Kaiserburg und nördlich bis Schnepfenreuth. Normalerweise ist der Bach ein kleines Rinnsal, das auch noch größtenteils verrohrt ist. Bei Starkregen jedoch könnte der Bach für massive Überschwemmungen im Baugebiet sorgen. Aus diesem Grund ist diese flache Senke als Hochwasserüberschwemmungsgebiet ausgewiesen, zu dem auch die „Neue Mitte Thon“ und das Gelände der neuen Grundschule gehören. Schon unter normalen Umständen ist der Grundwasserstand nicht weit unter der Bodenoberfläche. Nach den neuesten Schreckensereignissen in Nordrhein-Westfalen und Berchtesgaden stellt sich umso mehr die Frage, ob der Hochwasserschutz ausreichend Berücksichtigung gefunden hat.

Auch hier sind die Böden sehr fruchtbar und werden seit Generationen durch umsichtige Fruchtfolge, Gründüngung und kontrollierten Anbau gepflegt. Der Aufbau von einem Zentimeter gutem Humus dauert 100 bis 300 Jahre! Der Ackerboden ist ein großes vernetztes Lebewesen und enthält auf einem Hektar 30 Zentimeter tief gerechnet 15 Tonnen Kleinlebewesen. Auch sollte erwähnt werden, dass der Boden einen der größten Kohlenstoffspeicher der Welt darstellt. „Mit rund 2,5 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in 0 bis 100 Zentimeter Bodentiefe sind landwirtschaftliche Böden mit Abstand der größte terrestrische Speicher für organischen gebundenen Kohlenstoff in Deutschland. Ein großer Schatz für Klimaschutz und Bodenfruchtbarkeit, den es zu bewahren gilt.“ (Studie vom Thünen-Institut 2019)

Im Wetzendorfer Landgraben sind geschützte Fledermausarten sowie zahlreiche boden-, hecken- und höhlenbrütende Vogelarten verbreitet, unter anderem das stark gefährdete Rebhuhn und die gefährdete Feldlerche. Vor allem für die Bodenbrüter wird das Gebiet nicht mehr nutzbar sein. Zudem lebt im Landgraben auch der Feldhase, der sich auf der bundesweiten roten Liste wiederfindet. Für die Bauern, die diese Flächen bewirtschaften, sind die Grundstücke am Landgraben ein Teil ihrer Existenzgrundlage. Neben den Ackerflächen sind elf Biotope kartiert, darunter wertvolle Einzelgehölze und Hecken. Der geschützte Landröhricht wächst auf besonders feuchten Flächen.
Das Gebiet um den Landgraben ist ob seiner Schönheit ein beliebtes Naherholungsgebiet für die näheren Anwohner. Zudem versorgt es die Umgebung mit der im Sommer dringend benötigten kühleren Luft, vor allem Richtung Innenstadt.

Bei der Exkursion wurde auch intensiv darüber diskutiert, wie es sein kann, dass ein ökologisch und landwirtschaftlich so wertvolles Gebiet auf Beschluss des Stadtrats der Bebauung geopfert werden wird.

Fazit:

Hört endlich auf in diesem Ausmaß zu bauen und denkt über neue Konzepte nach!

Entgegen anderslautender Beteuerungen ist die Bevölkerungszahl in Nürnberg rückläufig und wird es laut statistischem Landesamt bis auf Weiteres auch bleiben. Laut IFO-Institut wollen 12% der Bevölkerung Nürnberg den Rücken kehren. Es sind schon aktuell  Bauvorhaben für über 10.000 Menschen in der Planung und bereits in der Umsetzung (Seetor, ehem. Branntweinfabrik Jobst, Luitpoldviertel, Lichtenreuth und viele weitere).

Ein „Lückenschluss“ im Knoblauchsland zieht den nächsten nach sich. Die Gebäude, teilweise sechsgeschossig, fressen sich in die 800 Jahre alte, gewachsene Kulturlandschaft.

Wir sollten stolz darauf sein, ein so großes Anbaugebiet vor der Haustür zu haben und könnten mit regionaler Versorgung punkten! Stattdessen werden hier 600.000 Quadratmeter der landwirtschaftlichen Nutzung für immer entzogen und Böden versiegelt.

Die politischen Entscheidungsträger sollten überholte Konzepte, die nicht der Allgemeinheit dienen, auf den Prüfstand stellen. Eine bedeutsame Kulturlandschaft wie das Knoblauchsland darf nicht unbedacht zerstört werden.

Dr. Elfriede Kolb-Eisner, Ortsgruppe Knoblauchsland