Geplanter Ausbau des Frankenschnellwegs in Nürnberg: Hoffnung auf Ende der Dinosaurierplanung vor Gericht
Angesichts der sich immer weiter zuspitzenden Klimakrise, die ja auch Nürnberg bereits mit Trockenheit, Hitze und Starkregenereignissen erreicht hat und im Nürnberger Reichswald ein Waldsterben 2.0 verursacht, ist ein Umdenken in der Verkehrspolitik Nürnbergs überfällig. Der Ausbau des Frankenschnellwegs zu einer Art Autobahn mitten durch die Stadt wäre ein fatales Signal an die kommenden Generationen. Es ist ein Dinosaurierprojekt des 20. Jahrhunderts und hat mit Stadtreparatur nichts zu tun.
Peter Rottner, Landesgeschäftsführer des BN und Jurist: „Wir hoffen darauf, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das wegweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Klimaschutz von 2022 auch in diesem Verfahren als grundlegenden Auftrag versteht, in Projekten wie diesen der Generationengerechtigkeit zur Geltung zu verhelfen. Aber auch ein Urteil, das die Klassifizierung der Straße als Kreisstraße verwirft oder die dauernden Grenzwertüberschreitungen Nürnbergs bei den Stickoxiden zum Anlass nimmt, den Straßenausbau zu stoppen, soll uns recht sein.“
Detlef Pauly, Bündnis gegen den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs und VCD Nürnberg: „Die Alternativen zu diesem unsinnigen Ausbau der Straße für unglaubliche eine Milliarde Euro liegen auf dem Tisch: der Ausbau der Straßenbahnen in Nürnberg, der Rückbau zum Frankenboulevard mit der Entwicklung eines neuen Stadtteils in unmittelbarer Nähe zur Altstadt für 6.000 bis 15.000 Menschen. Das würde auch die landwirtschaftlichen Flächen im Knoblauchsland schonen, wo Baugebiete geplant sind. Eine Initiative hat sogar den Rückbau zu einem Nürnberg-Fürther Stadtkanal vorgeschlagen, so wie das in Siegen, Utrecht und Seoul bereits umgesetzt wurde. Das wäre Stadtreparatur im 21. Jahrhundert und nicht der Bau einer Stadtautobahn.“
Klaus-Peter Murawski, 1. Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt: „Das Gericht hat es in der Hand, ob Nürnberg eine zukunftsfähige Entwicklung anpackt oder als Stadt in die Geschichte eingeht, die noch im 21. Jahrhundert eine Autobahn mitten durch Wohngebiete bauen darf. Hunderte junge Leute demonstrieren regelmäßig und seit Jahren mit friedlichen Raddemonstrationen, Klimacamps und Kundgebungen gegen diese Fehlentwicklung. Die Kreisgruppe Nürnberg des BN hat schon vor zwei Jahren konstruktive Vorschläge gemacht: Die Straße wird repariert wie sie ist und zusätzlich mit Lärmschutzwänden versehen. Beginnend am neuen Wohngebiet Fuggerstraße wird der Frankenschnellweg an geeigneten Abschnitten mit Wohnungen überbaut, wie es Berlin ganz aktuell mit weiteren Abschnitten über der A100 mit einem Entwurf des früheren Bundesvorsitzenden des BDA Andreas Becher plant."
Kritik am Vorhaben
Der BN und das große Bündnis lehnen den Ausbau ab, weil er die Klimakrise verschärfen würde. Gerade Nürnberg gehört in Bayern zu den Städten, die mit extremer Überhitzung zu rechnen haben. Der Ausbau wird auch abgelehnt, weil er dem Kfz-Verkehr den roten Teppich erst richtig ausrollen würde, mehr Lkw durch die Stadt und Autos in die Innenstadt führen würde, auf Kosten des ÖPNV, der Fahrgäste verlieren würde. Nürnberg ist in Bayern nach einem aktuellen Ranking die Stadt mit der schlechtesten Luft. Die Messwerte überschritten seit 2010 in vielen Jahren die Stickoxidgrenzwerte. Soeben erst hat die Europäische Union eine Verschärfung der Stickoxid- und der Feinstaubgrenzwerte ab 2030 beschlossen. Ein Ausbau des Frankenschnellwegs würde nach allen – auch städtischen Prognosen und Gutachten – die Grenzwerte dann an noch mehr Straßen Nürnbergs sicher reißen.
Welche verheerenden Folgen die autoverkehrsfixierte Planung bereits jetzt hat, zeigt die Bebauung und die Planung am Kohlenhof, wo Gostenhof nach Süden abgeriegelt und ein noch vor Jahren geplanter Park dem Straßenbau und der Gewerbebebauung geopfert wird.
Letztlich sind die offiziell veranschlagten Kosten von 700 Mio. € – das Bündnis rechnet bis zu 1.000 Mio. € Kosten – für eine Stadt mit klammen Kassen nicht vertretbar.
Planung und Klageverfahren
Die bereits im Jansenplan der 1920er Jahre angedachte Stadtautobahnplanung wurde immer wieder aus der Schublade hervorgeholt. Konkret wird das Projekt Ausbau Frankenschnellweg in der Stadt Nürnberg seit 1997 verfolgt. Widerstand dagegen gab es von Anfang an. 2010 begann das Planfeststellungsverfahren, 2015 erfolgte der Planfeststellungsbeschluss, der von Privatpersonen und dem BN beklagt wurde. Die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof vorgelegte Klärung der Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht führte 2016 zum rechtlichen Erfolg des BN, zur Umplanung und zu einem ergänzenden Planfeststellungsbeschluss 2021. Nach erfolglosen Vergleichsverhandlungen wurde das ruhende Verfahren auf Antrag der Stadt Nürnberg beim VGH wieder aufgenommen.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) klagte gegen den ergänzenden Planfeststellungsbeschluss, wurde vom Verwaltungsgericht Ansbach aber abgewiesen. Der Antrag des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) auf Zulassung der Beschwerde beim VGH ist von diesem 2023 abschlägig entschieden worden.
Themen vor dem VGH
Klassifizierung
Wesentlich ist insbesondere die strittige Frage der Klassifizierung des Frankenschnellwegs als Kreisstraße statt Autobahn und damit die fragliche Zuständigkeit der Stadt für die Ausbauplanung. Das Thema hat 2021 Brisanz bekommen, weil die Stadt Nürnberg beschlossen hat, einen Antrag zu stellen, um die als Stadtstraße gewidmete Südwesttangente zur Autobahn hochstufen zu lassen. Grund ist die Finanznot der Stadt Nürnberg, die damit die Unterhaltskosten auf den Bund abwälzen möchte. Das bestätigt die Position des BN, der Frankenschnellweg würde nach Ausbau zur Autobahn gewidmet werden.
Stickoxide
Seit 2010 besteht die zwingende Verpflichtung der Stadt, die EU-Richtlinie zur Luftreinhaltung einzuhalten, und seither wurde in ca. zehn Jahren der Grenzwert deutlich überschritten. Und das nicht nur an der Messstelle Von-der-Tann-Straße, sondern praktisch an fast allen Straßen in der Innenstadt.
Klimaschutz
Im gesamten Planungsverfahren spielt der Klimaschutz keine Rolle. Außer bei der Betrachtung des Kleinklimas wurden trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts die beim Bau verursachten und die beim Betrieb dauerhaften CO2-Emissionen nicht ermittelt und bewertet.
Weitere Themen vor Gericht könnten Feinstaub, Lärm u.ä. Belange werden.