Mensch, Klima und Natur einbezogen: Ergebnisse der Bürgerbeteiligung Zeppelinfeld
Einer der neu geplanten Reflexionsorte des Zeppelinfeldes soll sich unter dem Titel „Wir – Heute – Hier“ mit dem Gegenwartsbezug beschäftigen. Fragen wie: „Was hat das Gelände mit mir zu tun?“, „Wie muss ein zeitgemäßer Umgang mit dem Gelände gestaltet sein?“ forderten Mitglieder des BUND Naturschutz heraus, da sie insbesondere Umwelt- und Klimaschutz auf dem Gelände bislang nicht berücksichtigt sehen. Ziel der Partizipation war die Mitwirkung an der formalen und inhaltlichen Entwicklung dieses einen Reflexionsortes auf dem künftigen „Lern- und Begegnungsort Zeppelinfeld".
Demokratische Prinzipien und Transparenz bei der Partizipation gesichert
Der BUND Naturschutz und BauLust e.V. veranstalteten zusammen mit dem Bürgerforum Dutzendteich am 18. März 2024 eine öffentliche Ergebnispräsentation zum Partizipationsprozess Zeppelinareal, um einen demokratischen Mindeststandard der Bürgerbeteiligung zu gewährleisten. Hierzu wurden alle Stadtratsmitglieder und speziell der Stabsstellenleiter Prof. Dr. Hans-Joachim Wagner eingeladen. Im Sinne eines transparenten Beteiligungsprozesses wurde so ein Austausch der Teilnehmenden untereinander und mit dem Publikum ermöglicht, was durch die zuvor erfolgte Einstellung des Partizipationsprozesses seitens der Stadt nicht mehr gegeben war. Alle Mitwirkenden konnten die Ergebnisse ihrer Arbeit vorstellen und erfuhren eine angemessene Würdigung und Wertschätzung der geleisteten Arbeit. Gleich in zwei Arbeitsgruppen war der BUND Naturschutz dabei vertreten. Bettina Uteschil, Vorsitzende der Ortsgruppe Zabo, und Bettina Klose stellten mit digitalen Präsentationen und analogem Plan Arbeitsergebnisse aus ihren Gruppen vor.
Einladung zur Beteiligung und Aufgabenumfang
Den BUND Naturschutz hatte der Stabsstellenleiter Reichsparteitagsgelände Hr. Prof. Dr. Hans-Joachim Wagner neben anderen Gruppierungen und Bürgerinnen und Bürgern im Herbst zu einem „partizipativen Prozess" eingeladen, verbunden mit dem expliziten Wunsch nach Teilnahme einiger Mitglieder sowie der Bitte, die Einladung auch weiterzureichen, „da ein konstruktiver Austausch über unterschiedliche Positionen sicherlich fruchtbringend ist."
Die Teilnehmenden wurden dann an den an drei Einstiegsabenden aufgefordert, die entstandenen Ideen gruppenweise in einem mehrstufigen und extern moderierten Partizipationsprozess auszuarbeiten. In einer „Prämissen"-Vorgabe wurde dabei ausdrücklich auch zu einer kritischen Reflektion „der vorgestellten Planungen" ermuntert und zum Formulieren neuer „Perspektiven zum übergreifenden Umgang mit Zeppelinfeld und Zeppelintribüne". Trotz der hohen Erwartungen beteiligten sich mehrere Mitglieder des BUND Naturschutz mit größtem Engagement in verschiedenen Arbeitsgruppen.
Zeitplan zur Partizipation
Der dreimonatige Partizipationsprozess sollte nach einem gemeinsamen Vorbereitungsabend aller Arbeitsgruppen mit Vertretern der Stadt und den begleitenden Organisationsberatern mit einer öffentlichen Vorstellung der Arbeitsergebnisse am 24. Februar 2024 sowie deren Dokumentation abschließen. Beide Termine ließ die Stadt jedoch ohne Vorankündigung überraschend ausfallen, mit der für eine Bürgerbeteiligung absurden Begründung „da zahlreiche Ideen nicht die notwendige Planungstiefe entwickeln konnten, die realistischerweise Grundlage für eine Umsetzung ist." Ferner wurde hierzu noch mitgeteilt: „Darüber hinaus wurden auch Ideen formuliert, die sehr weit über die Rahmensetzung ausgriffen und damit jenseits des Machbaren liegen."
Einbeziehung der Bevölkerung und des Umwelt- und Naturschutzes
Bislang wurde der Umgang mit den NS-Hinterlassenschaften am Zeppelinfeld und der Zeppelintribüne nur mit geladenen Experten diskutiert und die Entwicklung des Zeppelingeländes ohne Beteiligung und Berücksichtigung der Bevölkerung nur von Fachleuten geplant. Der Fokus lag dabei maßgeblich auf „Nutzbarkeit“ und Nützlichkeit unter Projizierung bisheriger Nutzungen in die Zukunft. Damit stehen die Geschichte, historische Auseinandersetzung und insbesondere der Tourismus im Fokus aller Planungen.
Dass es sich beim Zeppelinareal auch um einen Teil unserer Stadt handelt, dem angesichts seiner Lage und Dimension eine maßgebliche hygienisch-klimatische und erholungswirksame Bedeutung zukommt und der für die Gesundheit der Bevölkerung einen enormen Beitrag leisten kann, blieb in den Betrachtungen praktisch außen vor. Die Entwicklung des Geländes sollte unter Berücksichtigung der Klimaänderung und notwendiger Klimaanpassung sicherstellen, dass dieses künftig auch der Erholung der Bevölkerung einschließlich vulnerabler Gruppen dienen kann. Die vielfältigen Ideen aus der Bevölkerung können und sollen für einen zeitgemäßen offenen Diskurs Argumente und Anstoß liefern. Dieser darf nicht nur die Vergangenheit thematisieren, und dabei auf dem veralteten Stand aus einer Zeit vor den aktuellen bzw. unbewältigten Krisen (Pflege-/Klima-/Corona-/Demokratie-/Energie-) verharren. Bei Planungen und Vorhaben, die sich weit in die Zukunft auswirken, muss auch die gegenwärtige Situation, müssen die Menschen und unsere Zukunft berücksichtigt werden.
Erfolg durch Beharrlichkeit: Stadt lädt doch noch zum Präsentationsabend
Ziel einer Bürgerbeteiligung ist es, Ideen „aus der Mitte der Gesellschaft“ einzubringen und selbstverständlich auch übergreifende Zusammenhänge zu thematisieren. Dabei geht es nicht um Machbarkeit, sondern um die öffentliche Diskussion und um eine Sicht- und Diskurserweiterung. Dazu haben die Präsentationen aller Teilnehmenden beigetragen. Mit Alexandra Thiele, Ernesto Buholzer Sepúlveda, Inga Hager und Otto Heimbucher waren vier Stadtratsmitglieder und zudem jede Menge weitere Interessierte der Einladung gefolgt. Sie lauschten den Vorträgen der unterschiedlichen Beteiligten, ihren Entwicklungsansätzen, Ideen und Konzeptskizzen zum Reflexionsort „Wir – Heute – Hier“ und dessen Einbindung in einen künftigen Lern- und Gedenkort Zeppelinfeld.
Die anwesenden Stadträte und Stadträtinnen waren sehr angetan von den Vorträgen. Sie zeigten sich überrascht von der Einstellung des Beteiligungsverfahrens und wollten sich gemeinsam dafür einsetzen, dass die von der Stadt als Abschluss des Beteiligungsprozesses vorgesehene öffentliche Präsentation noch stattfindet. Offenbar mit Erfolg. Nunmehr hat Prof. Dr. Hans-Joachim Wagner für den 14. Mai 2024 um 18:00 Uhr knapp drei Monate verspätet doch noch zu einer Präsentationsveranstaltung im Schönen Saal des Rathauses eingeladen.