Öffentliche Auslegung zum Entwurf des Bebauungsplans Nr. 4651 Volkacher Straße
Der BUND Naturschutz bedankt sich für die Möglichkeit zur Beteiligung im Rahmen des oben genannten Verfahrens und nimmt dazu wie folgt Stellung:
Grundsatzposition
Der BUND Naturschutz Nürnberg (BN) und die Orstgruppe Knoblauchsland des BN möchten hiermit Einspruch gegen den Bebauungsplan Nr. 4651 erheben. Der BUND Naturschutz sieht im geplanten Baugebiet einen wesentlichen Eingriff in einen der wertvollsten Teile des artenreichen Nürnberger Knoblauchslandes und fordert die unverzügliche Einstellung des Verfahrens. Mit der Umsetzung des geplanten Wohngebietes Volkacher Straße in Großgründlach würden weitere knapp 40.000 Quadratmeter wertvolle Ackerfläche bebaut und zu einem großen Teil versiegelt werden. Wie dem Umweltbericht zu entnehmen ist, sind Böden mit „überdurchschnittlich hohem Ertragspotenzial“ betroffen.
Wie auch die Verfahrensunterlagen eindeutig belegen, ist das Gebiet unverzichtbarer Lebensraum zahlreicher akut vom Aussterben bedrohter Bodenbrüter, wie Kiebitz und Rebhuhn. Als zentraler Bestandteil der einzigartigen Kulturlandschaft Knoblauchsland darf es daher nicht bebaut werden. Ebenfalls im Juli 2022 wurde diesbezüglich die mögliche Ausweisung des Knoblauchslandes als „Weltagrarerbe“ in den Medien diskutiert. Flächenfressende Planungen von Wohngebieten sind hier deplatziert.
Zerstörung wertvoller Agrarflächen
Mit dem Bebauungsplan gehen wertvolle Agrarflächen für den Gemüseanbau verloren, die für eine ökologische Nahversorgung der Großstadt Nürnberg unverzichtbar sind. Kaum eine andere Großstadt Deutschlands hat eine derart hochproduktive Gemüseanbaulandschaft direkt vor der Haustür, die einen Transport auf kurzen Wegen oder sogar eine Direktvermarktung garantiert. Gerade in Zeiten des Klimawandels und innereuropäischer Konflikte drohen gewaltige Produktionsflächen auszufallen.
Eine flächenhafte Zerstörung so bedeutender landwirtschaftlicher Nutzflächen ist daher nicht akzeptabel. Eine Wohnbebauung ist nach Meinung des BUND Naturschutz an dieser Stelle falsch und entspricht nicht einer zukunftsfähigen Stadtplanung.
Schutz des Grundwassers und des Stadtklimas
Des Weiteren wäre durch die Versiegelung die Grundwasserneubildung stark beeinträchtigt. Gerade in Zeiten des Klimawandels mit zu warmen und trockenen Sommern sollte eigentlich alles getan werden, um derartige Auswirkungen zu verhindern! Auch laut Umweltbericht wird eine Bebauung als nachteilig eingestuft. Wegen des Klimawandels werden Hitze und Starkregen zunehmen. Doch für die Grundwasserneubildung brauchen wir einen durchlässigen Boden. Gerade die geplante Bebauung wird mit versiegelten Flächen die negativen Auswirkungen des Klimawandels deutlich steigern und wichtige Bereiche für die Kaltluftentstehung zerstören.
Bessere Nutzung innerstädtischer Flächenpotenziale
Der BUND Naturschutz weist darauf hin, dass es auch unter Wohnimmobilien in Nürnberg eine markante Quote von Leerständen gibt (2018: 2,5%). Aufgrund dieses Leerstandes sowie des vorhanden Flächen- und Immobilienangebotes ist eine erneute Bodenversiegelung völlig unnötig! Vielmehr ist eine wesentlich bessere Nutzung der vorhandenen Flächen dringend geboten. Nutzt man die vorhandenen Potenziale, indem man deutlich in die Höhe und auch in die Tiefe baut, ist die Neuversiegelung von Kulturlandschaft nicht notwendig.
Grundsätzlich müssen moderne Baugebiete möglichst flächensparend gestaltet werden. Ist das aufgrund der lokalen Gegebenheiten nicht möglich, muss darauf verzichtet werden. Der BUND Naturschutz hält den Standort daher für ungeeignet und lehnt die Bebauung ab.
Gefährdung der biologischen Vielfalt (insbesondere Avifauna und Zauneidechse)
Laut Umweltbericht wirkt sich das Bauvorhaben ebenfalls „erheblich nachteilig“ auf die biologische Vielfalt aus. Das Bebauungsplanverfahren ist daher einzustellen.
Der Umweltbericht liefert ein klares Bild der Schutzwürdigkeit, welches offenbar bei der Bauentscheidung ignoriert wird. Das Knoblauchsland hat erhebliche, auch überregionale Bedeutung für die Vogelwelt. So lebt hier die drittgrößte Kiebitzpopulation Bayerns und die größte in einem Sekundärlebensraum. Daneben ist das Knoblauchsland einer der wichtigsten Lebensräume für das Rebhuhn in Nordbayern. Auch andere wichtige Bodenbrüter wie Haubenlerche, Feldlerche und Wiesenschafstelze kommen hier vor. Die dem Bebauungsplan zugrundeliegende spezielle artenschutzrechtliche Prüfung nennt zwar die Bodenbrüter korrekt, gibt die Betroffenheit aber nur ungenügend wieder. Die Bodenbrüterkartierung von 2018 ist aus Sicht des BN veraltet und neu durchzführen.
Sollten aktuell im Baugebiet aufgestellte Flatterbänder der Vergrämung von Bodenbrütern dienen, so sieht der BUND Naturschutz darin einen schwerwiegenden Verstoß gegen Artenschutzrecht. Mögliche Maßnahmen könnten erst nach finalem Beschluss des Bebauungsplans umgesetzt werden. Sollten entsprechende Genehmigungen der Behörden vorliegen, sind diese aus Sicht des BUND Naturschutz als klar widerrechtlich zu werten.
Im BN-Biotop Reutles, das unmittelbar an das Untersuchungsgebiet der saP angrenzt, konnte der BUND Naturschutz im Lauf der Jahre wiederholt Zauneidechsen nachweisen. Die Tierart für das Untersuchungsgebiet kategorisch auszuschließen, ist naturschutzfachlich eindeutig falsch. Die saP ist diesbezüglich zu überarbeiten und erneut vorzulegen.
Kein ökologischer Ausgleich für Eingriffe möglich
Für alle besonders betroffenen gefährdeten Tierarten ist aus Sicht des BUND Naturschutz kein Ausgleich oder Ersatz möglich. Ersatzlebensräume für den Kiebitz sind aufgrund der hohen Brutplatztreue der Alttiere schwer umsetzbar. Die kleinflächige Aufwertung andere Biotope kann eine flächenhafte Zerstörung des Knoblauchslandes nicht ersetzen. Eine Umsiedlung oder gezielte Abwanderung von Tieren in Ersatzlebensräume in anderen Stadtteilen (Katzwang) oder Kommunen (Wolkersdorf/Schwabach) ist aufgrund der Entfernung nicht realistisch. Es können nur dort vorhandene und deutlich kleinere Populationen sekundär gefördert werden.
Der BUND Naturschutz lehnt den Eingriff daher ab, weil er zu einer nachhaltigen Vernichtung zentraler artenschutzrelevanter Populationen von bayernweiter oder zumindest überregionaler Bedeutung führt.
Summation der Eingriffe
Des Weiteren plant die Stadt Nürnberg großflächige Eingriffe, wie z.B. den Durchbau der Bamberger Straße, den Bebauungsplan Schnepfenreuth Süd-West Nr. 4649 mit Bypass und den Bebauungsplan Wetzendorf Nr. 4641. Sollten sich für alle Verfahren in Zukunft politische Mehrheiten finden, würde das eine zusammenhängende Fläche von geschätzt über 600.000 Quadratmetern Knoblauchsland vernichten. Davon abgesehen entwickelt die Stadt eine Reihe weiterer Bebauungsplanverfahren und Änderungen im Knoblauchsland (z.B. Schmalau Ost Nr. 4575, Buch ehemalige Hefefabrik), die jeweils landwirtschaftliche Nutzflächen kosten. Die Populationen wichtiger Bodenbrüter im Knoblauchsland wie Rebhuhn und Kiebitz sind in sich geschlossen und haben nur wenig Austausch mit anderen Lebensräumen. Eine artenschutzrechtliche Bewertung kann daher nur in der Summation der Brutrevierverluste stimmige Ergebnisse liefern.
Der BUND Naturschutz geht hier davon aus, dass die Vielzahl paralleler Eingriffe eine existenzielle Bedrohung der genannten Populationen darstellt und diese daher nicht genehmigungsfähig sind.
Verkehrssituation
Der BUND Naturschutz begrüßt sehr, dass die frühere Planung einer Verbindungsstraße zur Würzburger Straße aufgegeben wurde.
Ein solches, aus ökologischen und ökonomischen Aspekten heraus unsinniges Projekt muss einfach verhindert werden, auch wenn es momentan leider auch einige Befürworter gibt. Das Gründlachtal muss unbedingt geschützt werden!
Statt des Baus einer neuen Straße sollte vielmehr der ÖPNV weiter gefördert werden. Hier gibt es noch immer Verbesserungsbedarf. Das betrifft u.a. vor allem auch die Zuverlässigkeit und Auslastung der Busse, die für den Schulweg genutzt werden.
Der BUND Naturschutz Nürnberg bittet um Berücksichtigung seiner Anliegen und Bedenken.