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Pressemitteilung 30/2003

Nachhaltigkeitsprogramm für Nürnberg gefordert

Laufende und zukünftige Planungen sollen auf ihre Nachhaltigkeit und Zukunftsbeständigkeit hin überprüft werden.

Die öffentliche Diskussion ist derzeit stark durchdrungen von wichtigen sozialen und wirtschaftlichen Fragen. Darüber sollte die Sorge um die Zukunft unserer Lebensgrundlagen nicht aus dem Blickfeld geraten. Die Situation im Umwelt- und Naturschutzbereich hat sich zwar in manchen Bereichen entspannt, in anderen Bereichen, wie z. B. dem Flächenverbrauch, der Grünflächenversorgung oder der Verkehrs-belastung ist sie als sehr kritisch zu beurteilen.

Nürnberg steht bezüglich der Stadtentwicklung in Kürze vor weitreichenden Entscheidungen. Der Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan, die freiwerdenden Bahnflächen sowie wichtige Verkehrsplanungen (Nordanbindung Flughafen, Frankenschnellweg) stehen zur Diskussion – die Ergebnisse und Entscheidungen dieser Diskussion werden die Nürnberger Lebensqualität für die Zukunft wesentlich mitbestimmen.

Angesichts der Tragweite dieser Planungen und der seit Rio 1992 auf den Weg gebrachten Lokalen Agenda 21, die den Kommunen ein „nachhaltiges Handeln“ zur Aufgabe macht, stellt sich für Nürnberg die Frage, ob die Planungen auch hinsichtlich ihrer Zukunftsbeständigkeit und Nachhaltigkeit ausreichend überprüft werden. Diese Frage lässt sich nach Meinung des Bund Naturschutz eindeutig mit NEIN beantworten.

Wesentlich verantwortlich dafür ist:

  1. Es sind keine Nachhaltigkeitsindikatoren erkennbar, die das kommunale Handeln in Nürnberg messbar machen können.
  1. Der Nachhaltigkeitsgedanke ist zu wenig in den Köpfen von Politik und Verwaltung verankert.
  1. Die aktuellen Fakten sprechen nicht dafür, dass der Nachhaltigkeitsgedanke in Nürnberg eine wichtige Entscheidungsgrundlage ist:
  • Ca. 225 Hektar freie Landschaft sollen mit dem neuen Flächennutzungsplan überbaut werden.
  • Die als Grünflächen vorgeschlagenen Maßnahmen können nur ansatzweise das massive Grünflächendefizit von 140 Hektar in Nürnberg mindern.
  • Die Verwaltung schlägt dem Stadtrat vor Grünflächen zu verkaufen. Die Planungen sind zwar im Moment vom Tisch; die Verwaltung arbeitet aber weiterhin daran.
  • Die Aussage der Verwaltung zu den geplanten Freiraumverbindungen/Grünzügen: „…Man könne die Grünzüge aus finanziellen und logistischen Gründen im Rahmen der Stadtplanung nicht oben auf die Prioritätenliste setzen;... immer nur dann, wenn sowieso ein Projekt an oder auf der Achse der jeweiligen Verbindung ansteht.“
  • Ein Bebauungsplanverfahren wie der zum ehemaligen Autokino belegt, dass der Aspekt der Flächeneffizienz (Verhältnis Flächenverbrauch zur Schaffung von Arbeitsplätzen) und einer ausreichenden Bürgerbeteiligung gar keine Rolle gespielt haben.
  • Die jetzt favorisierte Frankenschnellweg-Ausbauvariante, die zu mehr Verkehr und Umweltbelastung führen wird.
  • Die geplante Nordanbindung des Flughafens, die Bannwald zerstören und ca. 50 Mio. kosten würde.
  1. Ein weiterer Beleg dafür, dass in Nürnberg die Nachhaltigkeit mehr auf dem Papier steht als in den Köpfen lebt, ist der bis heute unbeantwortete Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, in dem Anfang 2003 (25.03.2003) ein Bericht der Verwaltung über die Arbeit der AG Nachhaltigkeit und die Entwicklung eines Indikatoren-Sets eingefordert wird (Bericht und Beschlussvorschlag der AG Nachhaltigkeit sollte bereits in 2002 vorliegen). Immerhin hat die Stadt sich selbst die Verpflichtung per Stadtratsbeschluss am 30.05.2002 auferlegt, die städtischen Dienstleistungsaktivitäten auf Nachhaltigkeitspotenziale zu überprüfen und schrittweise ein Nachhaltigkeitsprogramm für die Stadtverwaltung zu entwickeln.
  1. Zusätzlich zu diesen bereits vorhandenen Beschlüssen fand im März 2003 in Nürnberg ein Nachhaltigkeitskongress statt. Die Ergebnisse des Kongresses kann man im Internet nachlesen unter http://www.nuernberg-nachhaltig.de/ergebnisse.htm. Inwieweit ein konkretes Handlungskonzept daraus abgeleitet wurde oder wird ist nicht erkennbar.

Der Bund Naturschutz sieht darin ein klares Defizit in der Umsetzung der Lokalen Agenda 21 und des Nachhaltigkeitsgedankens.

Um die laufenden und zukünftigen Planungen zukunftsfähig und bürgernah zu gestalten, fordert der Bund Naturschutz die Stadt Nürnberg auf, umgehend ein Nachhaltigkeitsprogramm zu entwickeln. 

Folgende Maßnahmen sind dabei wichtig:

1. Diskussion und Festlegung von Nachhaltigkeitsindikatoren

Dazu gibt es schon eine Reihe von Beispielen aus anderen Kommunen (Beispiel Augsburg:

 http://www.augsburg.de/Seiten/augsburg_d/index/i_umwelt.shtml). Die bundesweit aktive Agentur für Nachhaltigkeit (Agenda-Transfer) bietet außerdem eine von relevanten Einrichtungen empfohlene Indikatorenübersicht. Sie ist zu finden unter:

www.agenda-transfer.org

www.agenda-transfer.de/agendaservice/beta2/admin/download/indikatoren_neu.pdf

An Datengrundlagen fehlt es in Nürnberg höchstwahrscheinlich nicht. Denn sowohl in dem Handlungsprogramm für ein Zukunftsfähiges Nürnberg, als auch im Entwurf zum Flächennutzungsplan und Landschaftsplan und auch in den Arbeitsgrundlagen der einzelnen Ämter finden sich immer wieder Aussagen zu Problemstellung und Zielsetzung für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Es käme also nur darauf an diese bereits vorhandenen Daten und Informationen zu bündeln und für die Diskussion fruchtbar zu machen.

2. Die Überprüfung und entsprechende Überarbeitung der laufenden Projekte auf ihre Nachhaltigkeit entsprechend der zu entwickelnden Nachhaltigkeitsindikatoren

Dies trifft konkret zu für den Flächennutzungsplan, den Landschaftsplan, Bebauungspläne, Straßenbauprojekte, ÖPNV- oder Radwege-Planungen, Grünflächenplanungen, Platzgestaltungen, Maßnahmen aufgrund der 22. Bundesimmissionsschutzverordnung im Verkehrsbereich (Erstellung eines Luftreinhalteplans!).

3. Frühzeitige und ausreichende Einbindung von Bürgern, gesellschaftlichen Gruppen und der Lokalen Agenda 21 in die Planungen

Bürger, Verwaltung, Politik, Lokale Agenda-Aktive und Vertreter gesellschaftlicher Gruppen sind gemeinsam für die Zukunft der Stadt verantwortlich. Daraus muss sich eine „Bürger- oder Nachhaltigkeitskommune“ entwickeln. Unterschiedliche Positionen dienen als Voraussetzung für die Vereinbarung gemeinsamer Ziele und Umsetzungsschritte. Grundlage für den Aufbau der erforderlichen Strukturen könnten die Lokale Agenda 21-Gruppen sein oder projektbezogen arbeitende Beiräte (wie z. B. beim geplanten Frankenschnellwegausbau).  Die Arbeit der Lokale Agenda 21 könnten dadurch in ihrer Bedeutung als Mitwirkungs- und Steuerungsorgan erheblich aufgewertet werden.

4. Stärkung der Lokalen Agenda 21 und stärkere Vernetzung mit Politik und Verwaltung

Die Aktivitäten der Lokalen Agenda 21 müssen sich mit der Arbeit der Verwaltung und Politik vernetzen und in die Steuerung von Planungen einfließen. Im Moment finden zwar punktuelle Abstimmungen in Nürnberg statt, eine echte Einbindung und Akzeptanz der Agenda 21 liegt aber nicht vor. Eine wesentlich stärkere Integration der Lokalen Agenda 21 in die laufenden Planungen der Stadt ist deshalb dringend notwendig.

Die Folge der stärkeren Einbindung der Agenda 21 wird auch eine höhere Motivation und stärkere Identifikation der Aktiven mit ihrem ehrenamtlichen Beitrag sein.

5. Aufstellung eines Bürgerhaushaltes zur Stärkung von nachhaltiger Mittelverwendung

Im Haushaltsplan geht es nicht um anonyme Zahlen, sondern um das Geld der Bürger. Auf dem Weg zu einer Bürgerkommune und einer nachhaltigen Stadtentwicklung ist eine frühzeitige Transparenz in der Finanz-Planung der Stadt erforderlich. Das Rad muss hier auch nicht neu erfunden werden. Es gibt eine Reihe von Städten, die am Aufbau eines „kommunalen Bürgerhaushaltes“ arbeiten (www.buergerhaushalt.de). So sähen zum Beispiel in Nürnberg die Entscheidungen ob U-Bahnweiterbau oder Ausbau des Stadtbahn-/Straßenbahnnetzes mit Sicherheit anders aus, wäre man dem Anliegen eines Bürgerhaushaltes gefolgt. Auch Straßenplanungen bekämen unter diesem Aspekt ein anderes Gesicht.

Der Bund Naturschutz bittet Stadtrat und Verwaltung:

·        Die bereits gefassten Beschlüsse in Kürze umzusetzen und ein Nachhaltigkeitsprogramm mit allgemein anerkannten Nachhaltig-keitskriterien zu entwickeln.

·        Umwelt- und naturschädigende Projekte solange nicht voranzutreiben bevor eine Bewertung aus Nachhaltig-keitsgesichtspunkten durchgeführt wurde (Nordanbindung, kreuzungsfreier Ausbau des Frankenschnellweges,  Ausweisung von Gewerbe und Wohnbau auf Freiflächen).

·        Die Entwicklung konkreter Konzepte und Programme zur Behebung offensichtlicher ökologischer Defizite, zum Schutz vor ökologischen Eingriffen oder zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitsschädlichen Einflüssen(z. B. Konzept zur Behebung von 140 ha Grünflächendefizit, Programm für die Pflanzung von Straßenbäumen, Umsetzung der Freiraumverbindungen, Intensivierung der Aktivitäten bei dem Ausbau des Biotopverbundes, Erstellung eines Luftreinhalte- und Lärmminderungsplanes, verstärkende Maßnahmen für Flächenrecycling und flächensparende Bauweise)

·        In alle diese Diskussions- und Entscheidungsprozesse sind frühzeitig die betroffenen ehrenamtlichen Gruppen der Lokalen Agenda 21 und die in Nürnberg aktiven Organisationen der jeweiligen Bereiche einzubeziehen, um einen möglichst breiten Konsens für Planungen herzustellen.

Der Bund Naturschutz appelliert darüber hinaus an den neuen Umweltbürgermeister, Dr. Klemens Gsell, das Thema Nachhaltigkeit und Lokale Agenda 21 zur Chefsache zu machen.