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Pressemitteilung 19/2008

Müssen Grasnelken wieder die Koffer packen?

Die Ausgleichsflächen für die ehemalige Diehlwiese könnten durch den A6-Ausbau bei Kornburg erneut in Gefahr kommen. Gerade hier hatte sich der Ausgleich bewährt da auch der BN im Umfeld etliche Flächen erwerben konnte.

Mit etwa 57.000 Quadratmetern Fläche galt die so genannte Diehlwiese direkt an der Laufamholzstraße in Mögeldorf als die größte Sand-Grasnelkenflur Süddeutschlands. Zu Abertausenden kam die vom Aussterben bedrohte Blume hier einst vor. Außerdem waren hier auch 38 andere geschützte Tier- und Pflanzenarten heimisch. Immer wieder hatte der Bund Naturschutz daher die strenge Unterschutzstellung des einzigartigen Biotops gefordert.

Doch Anfang der neunziger Jahre wurde von der Stadt Nürnberg die endgültige Vernichtung des Lebensraums beschlossen. Statt Grasnelken sollte auf der Fläche nun ein neues Wohngebiet erblühen. Für die schützenswerte Heidelandschaft wurde ein einzigartiges Umzugsprojekt beschlossen. Ein Großteil des Biotops wurde sorgsam abgetragen und ab 1993 auf drei Äcker südlich und nördlich der A6 bei Kornburg umgepflanzt (Flurnummern. 634, 635 und 666), die man 1992 speziell zu diesem Zweck erworben hatte. Bis zu drei Millionen DM Kosten wurden damals für die Gesamtmaßnahme geschätzt.

Denn mit der Umsiedlung allein war es noch nicht getan. Seit 1995 pflegt z.B. der Nürnberger Landschaftspflegeverband (LPV) intensiv die Flächen. Zur genaueren Untersuchung wurde eine geobotanische Dauerbeobachtungsfläche eingerichtet. Die professionelle Auswertung übernimmt eine beauftragte Firma.

Insgesamt ist der Umzug der Diehlwiese wohl nicht nur eine der aufwendigsten Ausgleichsmaßnahmen sondern wohl auch eine der erfolgreichsten zur Rettung eines bestimmten Lebensraums in Nürnberg. Denn Leider hat meist der Ausgleich oft nicht mehr viel mit dem zerstörten Lebensraum gemein, sondern gleicht eher einer Form modernem Ablasshandel.

Trotz des immensen Bemühens, bei der Diehlwiese möglichst viele Tiere und Pflanzen direkt zu retten, bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Konnten wirklich alle gefährdeten Arten umziehen und sich mittlerweile 15 Jahren später in der neuen Heimat etablieren? Bei vielen Tieren erscheint das z.B. fraglich. Zudem stellt sich die Frage: Sind die neuen Flächen von Boden, Lage, Größe und Kleinklima dafür überhaupt geeignet?

Einen Pluspunkt gibt es zumindest. Der Bund Naturschutz konnte seit 2003 im Umkreis von Kornburg fast 25.000 Quadratmeter Sand-Biotope als sein Eigentum sichern – z. T. in unmittelbarer Nähe der Ausgleichsflächen. Eine Fläche wurde dem BN geschenkt, drei weitere konnte er mit über 20.000 € Spendengeldern erwerben. So ergibt sich für die „neue“ Diehlwiese eine optimale ökologische Vernetzung. Insbesondere mobile Tiere der Heidelandschaft, wie Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Heuschrecken sind auf ein Mosaik geeigneter Biotope angewiesen. Isolierte Einzelflächen sind für sie ungeeignet.

Der Bund Naturschutz hofft sogar demnächst zwei weitere trockene Äcker mit etwa 10.000 Quadratmetern Fläche zur Umwandlung in eine blumenbunte Heidelandschaft ankaufen zu können. Dafür benötigt der Umweltverband aber noch mindestens 10.000 bis 15.000 € Spenden. „Vielleicht wird dann einmal Süddeutschlands größte Sand-Grasnelkenflur bei Kornburg sein, wenn BN, Umweltamt und Landschaftspflegeverband hier weiter so engagiert zusammenarbeiten,“ orakelt Wolfgang Dötsch, Biologe beim Bund Naturschutz. „Für die Kornburger Bürger sicher ein Vorteil, denn das Betreten der Heideflächen ist nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht.“

Doch ein Wermutstropfen trübt zur Zeit die positive Entwicklung. Beim Ausbau der A6 mit den zugehörigen Lärmschutzmaßnahmen wird vermutlich auch in die Ausgleichsflächen der Diehlwiese eingegriffen. „Dann kommt vermutlich der Ausgleich des Ausgleichs und die Grasnelken können wieder ihre Koffer packen – ein Irrsinn. Sinnvoller wäre es endlich den grassierenden Flächenverbrauch in Bayern einzudämmen,“ bewertet Wolfgang Dötsch die Situation.