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Pressemitteilung 1/2009

Beschluss zum Ausbau des Frankenschnellweges

Bärendienst für die BürgerInnen der Stadt

Abgasfrage weiter ungeklärt, 260 Mio. € sinnvoller einsetzen, Etikettenschwindel auf hohem Niveau

Am 15. Januar 2009 beschloss der Verkehrsausschuss des Nürnberger Stadtrates mit den Stimmen der Vertreter von CSU und SPD die Einleitung des formalen Planfeststellungsverfahrens für den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellweges. Gegen die Planung stimmten Christine Seer, (Bündnis 90-Die Grünen) und Thomas Schrollinger (ÖDP). Letztere hatten eine Vertagung wegen offener Fragen beantragt, unterlagen aber. Die Linke hatte kein Stimmrecht, sprach sich aber ebenfalls dagegen aus.

Damit wurden trotz fundierter Kritik der Umweltverbände, von Bürgervereinen und Verkehrsorganisationen und Parteien die Weichen für das weitere Verfahren zum Bau einer Transitautobahn durch die Nürnberger Innenstadt gestellt.

Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN dazu: „Der kreuzungsfreie Ausbau des Frankenschnellweges wäre die Weiterführung einer verfehlten Verkehrspolitik aus den 60er Jahren. In den 70er Jahren , als Nürnberg die Stadtautobahn südlich des Hauptbahnhofes zum Tiergarten verwarf, war man schon weiter. In Zeiten des Klimawandels ist der Rückschritt fatal. Wir hoffen, dass sich die Stadt angesichts der enormen Kosten gerade in der Finanzkrise eines Besseren besinnt und fordern die Staatsregierung auf, diesem Vorhaben keine staatlichen Zuschüsse zu gewähren, sondern Alternativen wie den Ausbau des ÖPNV und andere Klimaschutzmaßnahmen stärker zu fördern.“

Der Vorsitzende der Kreisgruppe Nürnberg-Stadt, Günther Raß warnt vor den Belastungen der BürgerInnen durch Lärm und Abgase: „Uns wird der Ausbau zwar immer als Entlastung von Lärm verkauft, Tatsache ist aber, dass durch den Ausbau immer mehr LKW-Verkehr auf der dann 14 km kürzeren Autobahnstrecke durch Nürnberg rauschen wird. Wir haben im noch jungen Jahr 2009 bereits neun Überschreitungen der zulässigen Feinstaubgrenzwerte. Gerade in den besonders belasteten Stadtteilen würde jetzt noch mehr dazukommen. Bislang sind alle Versprechen der Stadtspitze zur Reinigung der Tunnelabgase Schall und Rauch gewesen. Die freie Fahrt für Pendler und Transit-LKW darf nicht auf Kosten der BürgerInnen der Stadt erkauft werden.“

Das Nürnberger Energiewendebündnis lehnt die Planung ebenfalls ab: „Mit den offiziell bekanntgewordenen Kosten von 260 Mio. €, die vermutlich noch nicht einmal reichen, könnte man Nürnberg im Klimaschutz deutlich voranbringen. Aber wir kämpfen um Kleinbeträge für die Energiewende. Das große Geld geht immer noch in die falsche Richtung“, so Christine Fuchs vom Energiewendebündnis.

„Auch der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs krankt immer wieder an den fehlenden Mitteln. Wir haben bereits vor Jahren mit dem Bündnis lebenswerte Stadt vorgeschlagen, eine Straßenbahn in den Nürnberger Westen zu planen, um den Beschäftigten von Datev und vielen anderen Firmen eine Alternative zum Auto zu bieten. Da tut sich gar nichts“, so Bernd Baudler vom Verkehrsclub Deutschland VCD. „Angesichts stagnierender Verkehrszahlen auf der Straße ist der Ausbau des Straßennetzes überflüssig.“

Transitautobahn droht

Der Ausbau des Frankenschnellweges entspricht de facto einer tiefer gelegten und damit kreuzungsfreien Verlängerung der Autobahn A 73 (Frankenschnellweg) zur Süd-Westtangente und dem Nürnberger Kreuz. Derzeit nutzen viele Kraftfahrer, die in Nord-Südrichtung an Nürnberg vorbeikommen die im Osten um die Stadt führende Autobahn A3. Der durch die Stadt führende Frankenschnellweg hat in der Innenstadt mehrere ampelgesteuerte Kreuzungen, an denen sich der Verkehr in Stoßzeiten staut.

Die Verbände befürchten, dass durch einen kreuzungsfreien Ausbau viele LKW-Fahrer die 14 km kürzere und als Kreisstraße nicht mautpflichtige Strecke durch die Stadt nutzen werden. Der BN rechnet durch den Ausbau mit einer Zunahme des Verkehrs um 20 – 50% und widerspricht damit den Verkehrsprognosen der Planer.

Was hier von den handelnden Akteuren als ausgebaute Kreisstraße deklariert werden soll, die angeblich nur zu einem besseren Verkehrsfluss des Ziel- und Quellverkehrs führen soll, entpuppt sich bei näherer Betrachtung jedoch als eine großzügig dimensionierte Stadtautobahn. Als solche müsste sie auch eingestuft werden.

Die Stadtspitze will diese Aufstufung zur Autobahn unter allen Umständen vermeiden, weil sie den BürgerInnen suggerieren möchte, es bleibe alles beim Alten und werde doch viel besser. In anderen Städten mussten solche Stadtstraßen zur Autobahn erklärt werden, auch die Klageverfahren zur damals geplanten Rednitztalautobahn B2a neu ergaben ein Urteil, nach dem eine Straße, die autobahnähnlich ausgebaut ist und am Anfang und am Ende eine Autobahn anbindet zur Autobahn erklärt werden muss. Dies ist auch hier der Fall.

Abgase und Lärm

 Eine Stadtautobahn quer durch Nürnberg bedeutet eine Zunahme an Lärm- und Abgasemmissionen, von denen vor allem die Anwohner der benachbarten Stadtteile betroffen sind. Die Reduzierung der Lärmbelastung durch einen Tunnel ist wohl möglich, würde aber durch höhere Belastungen außerhalb der Tunnelstrecke, z.B. in Fürth und in Nürnberg-Werderau erkauft.

Clemens Gsell (CSU), ehemaliger Umweltbürgermeister (heute 3. Bürgermeister) tönte vor wenigen Jahren noch, die Abgase würden an den Tunnelenden gereinigt. Davon ist nicht mehr die Rede, nachdem BürgerInnen nachgewiesen hatten, dass die von Gsell angeführten Beispiele in München und Österreich nicht existierten und die von ihm angeführte Verbrennung im Kraftwerk Sandreuth energetisch nicht durchführbar ist.

Damit würde die Belastung der AnwohnerInnen mit Stickoxiden (Ozon!) und Feinstaub (pm10) deutlich erhöht. Nürnberg liegt beim Feinstaub immer wieder nur knapp unter den von der EU gesetzten Grenzwerten. Vorsorgepolitik sieht aber anders aus.

Mit dem heutigen Beschluss werden Weichen für eine Planung gestellt, obwohl noch fundamental wichtige Gutachten fehlen. Es liegt weder der Landschaftspflegerische Begleitplan vor, noch sind die Gutachten für Lufthygiene und Lärmschutz eingegangen.

Die von der Stadt angekündigte Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h im Tunnel und 50 km/h auf den Abfahrten werden nur z.T. Bestand haben. Zumindest die Begrenzung im Tunnel wird nicht halten, weil 2001 die Regierung von Mittelfranken die Schilder zur Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h an der A6 in Schwabach entfernen ließ, nachdem ein Autofahrer erfolgreich gegen die Begrenzung geklagt hatte.

Die Kosten galoppieren davon

Hier wird eine Planung vorangetrieben, die sowohl finanziell als auch verkehrsplanerisch auf tönernen Füßen steht.

Erst vor wenigen Wochen wurde über die Presse bekannt, dass die bisher mit 210 Mio. € veranschlagte Maßnahme auf 260 Mio. € steigen wird. Zu Beginn der politischen Debatte um den Ausbau 1998 wurden noch 140 Mio. € veranschlagt.

Weil der Frankenschnellweg aber nicht nur in einen Tunnel gelegt werden soll, sondern riesige Viadukte und Abfahrtsrampen in die Altstadt und die Stadtteile vorgesehen werden, müsste das nachgeordnete Straßennetz (z.B. am Plärrer, Neue Kohlenhofstraße) angepasst werden. Der von der Stadt beauftragte Verkehrsgutachter Noßwitz veranschlagte 2003 dafür bereits Kosten von 50 Mio. €.

Damit liegen die Erstellungskosten möglicherweise weit über den 260 Mio. €.

Ob es tatsächlich 80% Zuschuss des Freistaates geben wird, ist völlig offen.

Die immensen Folgekosten durch 24-Stunden-Beleuchung und versprochene Abgasreinigung sind dabei noch nicht berücksichtigt. Sie würden den städtischen Haushalt mit Kosten in Millionenhöhe dauerhaft belasten.

Für Rückfragen

André Winkel, Geschäftsführer der Kreisgruppe Nürnberg-Stadt, Fon 0911/457606, Fax 447926, Mail a.winkel(at)bund-naturschutz-nbg.de

Tom Konopka, Regionalreferent, Fon 0911/81878-14, Fax 869568, Mail tom.konopka(at)bund-naturschutz.de