Pressemitteilung 15/2010
„Waldumbau“ als ökologische Augenwischerei
Pressemitteilung vom 30. September 2010
Flughafen will weiter im Reichswald roden. BN kritisiert aufwendige Nachpflanzung als Fiasko. Mehrzahl der Höhlenbäume wurde gefällt
Fast 50.000 Quadratmeter Bannwald hatte der Flughafen im Oktober 2009 ohne umfangreiche Beteiligung von Naturschutzverbänden und Bevölkerung roden lassen. Nun stehen weitere Eingriffe bevor. Für zusätzliche 20 Hektar hat der Flughafen am 28.9. die Rodungserlaubnis beantragt. Zusammen ergibt sich so eine Rodungsfläche von 25 Hektar, die die Hindernisbereinigung des Flughafens dauerhaft verschlingt. Für 1,5 Hektar im Norden kann der fadenscheinige Begriff „Waldumbau“ keinesfalls angewandt werden. Dieses Waldstück soll komplett gerodet und in Wiese umgewandelt werden. Auch auf weiteren Flächen muss der Wanderer mit Kahlschlägen rechnen, wenn z.B. eine Monokultur mit ähnlich alten Bäumen zu hoch wird oder wenn fremdländische Forstbäume wie die Spätblühende Traubenkirsche komplett gerodet werden.
Verhältnisse wie im Amazonasbecken!
Damit addieren sich im Nürnberger Norden gewaltige Waldeingriffe. Denn es stehen nicht nur die Rodungen des Flughafens an, auch bei der Nordspange sollen ca. 40 Hektar Reichswald fallen. Daneben wird für das Hochwasserrückhaltebecken bei Ziegelstein 1,44 Hektar Bannwald gefällt werden. So stehen allein zwischen Buchenbühl und Ziegelstein 66 Hektar Wald zur Disposition. „Das ist zusammengenommen der schwerste Eingriff in den stadtnahen Bannwald seit dessen Bestehen“, argumentiert Wolfgang Dötsch, Geschäftsführer beim BN. „Wenn wir so weitermachen, haben wir hier bald Verhältnisse wie am Amazonas.“
Dr. Bernd Söhnlein hat sich unverzüglich nach Bekanntwerden der Zahlen schriftlich an die Regierung von Mittelfranken gewandt und die Berücksichtigung der neuen Rodungsflächen im Rahmen der Nordspange gefordert. Aus Sicht des BNs kann das EU-Vogelschutzgebiet „Sebalder Reichswald“ nicht durch eine ganze Reihe paralleler Verfahren zerstückelt werden, die dann im Einzelnen immer als unerheblich eingestuft werden.
Nachpflanzung abgestorben
Mit großem Aufwand hatten im April 2010 Vertreter von Flughafen, Forst- und Stadtverwaltung eine Neubepflanzung der gerodeten Fläche im Osten des Flugfelds angekündigt. Angeblich sollten 3.650 Bäume und Büsche die triste Kahlschlagsfläche wieder rasch begrünen. Der Reichswaldexperte Dr. Gerhard Brunner hatte in einem sehr aufwendigen Gutachten gute Vorschläge für eine naturnahe Bepflanzung geliefert.
Mitarbeiter des Nürnberger BNs überprüften nun im Sommer und Herbst 2010 die Anpflanzung. „Ein Laie kann hier kaum eine Pflanze entdecken, selbst ein ausgebildeter Botaniker findet auf der Rodungsfläche in weiten Bereichen keine Jungpflanze“, schildert Wolfgang Dötsch, Botaniker vom Nürnberger BN das Ergebnis. „Auf einem Drittel des Kahlschlags konnten wir auch nach intensiver Suche nur 86 lebende Gehölze aus der Pflanzung entdecken. Manche Arten wie die Weiden sind im heißen Juli wahrscheinlich zu fast 100 % abgestorben.“
Busch statt Baum
Auch die Art der Nachpflanzung wird vom BN kritisiert. „Wenn Bürger hier Bäume erwarten, werden sie enttäuscht. Die meisten Pflanzen sind nur Büsche wie Liguster und Pfaffenhütchen oder niedrige Bäume, die den Flugverkehr nicht behindern“, stellt Wolfgang Dötsch von der BN-Kreisgruppe dar.
Nach dem vom Flughafen vorgelegten Pflanzplan blieb sogar ca. ein Drittel der Fläche komplett unbepflanzt. Auch der Begriff „Waldumbau“ wird anhand der Pflanzliste entlarvt. 1.000 Büsche und überwiegend niedrige Bäume wie Salweide und Traubenkirsche ersetzen den einstigen Forst. Primäres Ziel ist eine Einflugschneise und kein artenreicher Mittelwald.
Tisch für Rehe reich gedeckt
Doch auch die Chancen der angewachsenen Gehölze werden vom BN schlecht eingeschätzt. „Der Wildverbiss ist auf der Fläche enorm“, zeigt Wolfgang Dötsch an den zahlreichen abgebissenen Schösslingen von Bäumen. „Die Nachpflanzung ist doch eine Showveranstaltung und eine ökologische Nullnummer.“
Geschützte Höhlenbäume gefällt
Groß wirbt der Flughafen auf seinen Schautafeln mit den Sympathieträgern wie Feldermäusen und Spechten. Diese Tiere sind besonders auf alte Bäume mit Höhlen angewiesen. Höhlenbäume sind daher grundsätzlich geschützt und sollten auch in der Rodungsfläche erhalten werden. Die beauftragten Landschaftsarchitekten der Firma WGF stellten jedoch bei der Kontrolle der sieben vorhandenen Höhlenbäume lapidar fest, dass fünf Biotopbäume vom Forstbetrieb Nürnberg entweder gefällt oder stark beschädigt wurden.
Dies zeigt aus Sicht des BN eindrucksvoll, wie wenig Bedeutung der Naturschutz bei der Rodung tatsächlich hat. Die Fällung der Bäume hatte für die Verantwortlichen übrigens keinerlei Konsequenzen oder Sanktionen zur Folge. Die Naturschutzbehörden sahen keinen Anlass, hier tätig zu werden. Dies kann aus Sicht des Bundes Naturschutz nur als Einladung an den Flughafen verstanden werden, sich in Zukunft nicht mehr um Naturschutzrecht zu kümmern.