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Pressemitteilung 8/2011

BN Nürnberg appelliert an den bayerischen Landtag: Keine flächendeckende Einführung von Agrogentechnik in Europa

Pressemitteilung vom 16. März 2011

Am Freitag wird im Bundesrat über die Nulltoleranzgrenze beim Saatgut entscheiden. Bisher muss Saatgut frei von gentechnischen Veränderungen sein. Nun ist geplant, eine Toleranzschwelle von 0,1% gentechnisch verändertem Saatgut zuzulassen. Damit kann sich die Gentechnik ungehindert auf den Feldern ausbreiten. Gentechnikfreier Anbau ist damit unmöglich. Der Bund Naturschutz in Nürnberg fordert die Landtagsabgeordneten auf, dass sich Bayern im Bundesrat gegen die Schwellenwerte ausspricht und für die Nulltoleranzgrenze stimmt.

Bisher haben die Saatgutkonzerne und auch viele Politiker immer behauptet, dass Koexistenz möglich ist. Das bedeutet, dass unter Einhaltung von Abstandsflächen ein Nebeneinander von gentechnikfreiem Anbau und dem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen möglich wäre. Vom BN wurde die Möglichkeit der Koexistenz stets bestritten. Und das Vorhaben, durch technische Verwaltungsvorschriften einen De-facto- Schwellenwert von 0,1% für das Saatgut zuzulassen, zeigt auch, dass die Saatguthersteller an einer Koexistenz nicht interessiert sind. Zur Verdeutlichung bedeutet es bei einem Hektar Mais, dass bis zu 90 Körner gentechnisch verändertes Saatgut und damit auch pollen- und erbgutverbreitende Maispflanzen legal wären.

Die bisherige Strategie der Agrogentechnik-Konzerne, in Europa flächendeckend Gentechnik einzuführen, ist kläglich gescheitert. Die Konzerne haben erkannt, dass die Ablehnung der Verbraucher und Verbraucherinnen gegenüber Agro-Gentechnik sehr massiv ist. Der Anbau einzelner gentechnisch veränderter Pflanzensorten wie z.B. „Mon 810“ stieß auf so große Ablehnung, dass sogar unsere ansonsten so gentechnikfreundliche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner im April 2009 den Anbau von Mon 810 verbieten ließ. Nationale Anbauverbote in Österreich, der Schweiz, Frankreich, Griechenland, Polen und Italien zeigen, dass die Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen trotz massivster Einflussnahme auf die Politik ein nahezu unmögliches Unterfangen in Europa ist.

Doch die Agro-Gentechnikkonzerne und ihre Verbündeten wenden seit Monaten eine völlig neue Strategie an. Die neue Strategie heißt Kontamination. Die Konzerne sehen darin die einzige Möglichkeit, Agro-Gentechnik in Europa unausweichlich zu machen und flächendeckend und nachhaltig einzuführen! Jeder, der sich etwas intensiver mit Qualitätssicherungssystemen befasst, erkennt ganz rasch die Strategie. Denn sowohl Warenströme als auch Saatgut lassen sich mit der nötigen Sorgfalt sehr wohl und ernsthaft sauber halten. Das beweisen die guten fachlichen Umsetzungen der landwirtschaftlichen Betriebe in Europa und der zugeordneten Kontrollbehörden. Siehe im Anhang die internationale Marktinformation zusammengefasst von Josef Feilmeier von der internationalen Arbeitsgruppe Futtermittel.

Es drängt sich die Frage auf, ob Saatgutverunreinigung absichtlich zustandekommt. Diese These wird erhärtet durch die gezielten Freisetzungsversuche von GV-Weizen direkt an der Saatgut-Samenbank in Gatersleben oder die durchgeführten Freisetzungsversuche mit Apfelbäumen direkt an der Pomologischen Station Dresden. Der Schluss der Vermutung einer bewusst provozierten Kontamination liegt durchaus nahe.

Nicht nur der Druck der amerikanischen Regierung durch ihre Botschafter z.B. in Frankreich, Spanien oder Österreich, also auf europäische Nationalstaaten, mit angedrohten Vergeltungsmaßnahmen zeigt, dass erheblich mehr als ein Versehen dahintersteckt. Nur Saatgutverunreinigung kann in Europa Fakten schaffen und so den gentechnikfreien Anbau für immer beseitigen. Nationale Anbauverbote kümmern dann niemanden mehr. Jede genmodifizierte Pflanze auf dem Acker von Biobauern oder konventionellen Bauern sind dann Eigentum der Agro-Chemiekonzerne und es können jederzeit Lizenzen eingefordert werden.
 
Auf dem Gipfel 2007 wurde die Harmonisierung der Patentrechte von USA und Europa in Washington beschlossen. Findet sich nach amerikanischer oder kanadischer Rechtsprechung nur eine einzige gentechnisch veränderte Pflanze auf einem Feld, so ist für den gesamten Anbau auf diesem Feld Lizenzgebühr zu zahlen. Wie gut, wenn dann schon Schwellenwerte eingeführt sind, dann nämlich ist der gesamte Anbau lizenzpflichtig. Und nachdem Hugh Grant, der Geschäftsführer von Monsanto, frei heraus gesagt hat, dass Monsanto auch in Europa seine Detektive ausschicken wird, um die Ansprüche von Monsanto geltend zu machen, wäre dem mit Einführung von Schwellenwerten Tür und Tor geöffnet. Die Konzerne hoffen darauf, dass genau wie in Amerika auch hier dann die Bauern klein beigeben und gleich GV-Pflanzen anbauen, damit sie nicht verklagt werden.

In den USA werden schon viele Jahre von diesen Konzernen Kontrollsheriffs zu den Farmern geschickt. Der Rechtsstreit zwischen Farmern und den Konzernen trieb viele Bauern weltweit in den Ruin. Die Abhängigkeit von diesen Konzernen wäre so vorprogrammiert. Mit der Aufhebung der Nulltoleranzgrenze ist der Gentechnik die Tür zu allen Anbauflächen geöffnet. Deshalb fordert der Bund Naturschutz die zuständigen Landtagsabgeordneten Bayerns auf, ihren Einfluss geltend zu machen, dass sich Bayern im Bundesrat gegen die Schwellenwerte ausspricht und für die Nulltoleranzgrenze stimmt.

Am 5. April findet zum Thema Gentechnik in der Landwirtschaft im Nürnberger Karl-Bröger-Zentrum eine Veranstaltung mit dem kanadischen Farmer Percy Schmeiser statt. Gemeinsam mit seiner Frau Luise wurde er 2007 für den Widerstand gegen Monsanto und den Kampf gegen die Agrogentechnik mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Als Gastredner konnte die BN-Kreisgruppe Nürnberg den bayerischen Umweltminister Markus Söder gewinnen.