BUND Naturschutz kontert ADAC-Bericht
BN analysiert ADAC-Umfrage zum Frankenschnellweg-Ausbau und kritisiert tendenziöses Vorgehen bei der Befragung
Pressemitteilung vom 10. Dezember 2021
Mit der erforderlichen Detailkenntnis sowie Hintergrundwissen kommt der BUND Naturschutz bei einer sachkundigen Analyse des Ergebnisberichts des ADAC über eine Bürgerbefragung zum Frankenschnellweg-Ausbau zu einem vollkommen anderen Ergebnis als der ADAC: Nicht der autogerechte Straßenausbau ist den Bürgerinnen und Bürgern wichtig, sondern ihr vordringlicher Wunsch ist Klimaschutz und eine grüne lebenswerte Stadt.
Anders als der Bericht des ADAC nahelegt, wurde die Umfrage nicht auf Basis der derzeitigen Planung durchgeführt, sondern anhand von Zielperspektiven, welche 2015 von eigens beauftragten Designern erstellt wurden, um das Image des hoch umstrittenen Projekts aufzupolieren.*
In Verbindung mit diesen Skizzen muss die zentrale Fragestellung, ob der Ausbau „wie geplant umgesetzt werden“ soll, als tendenziös eingestuft werden. Diese Zielperspektiven sind skizzenhafte Darstellungen der einstigen Wünsche von Fachleuten und Politikern. Sie zeigen insgesamt viel Grün, das sich gar bis auf Verkehrsflächen und Gebäude ausdehnt, dazu jede Menge Laubbäume, die in dichten durchgehenden Reihen den Frankenschnellweg säumen, als Allee die Schwabacher Straße einrahmen, als lockere Dreierreihe in den Mittelstreifen bei der Jansenbrücke oder als Baumreihen südlichen Flairs die Neue Kohlenhofstraße einfach und doppelt flankieren.
Falsche Bäume und fehlende Fahrspuren
Etliche der in den Perspektiven dargestellten Grünbereiche und der größte Teil der skizzierten Bäume finden sich jedoch gar nicht in den Planungen. In den Mittelstreifen über dem Tunnel beispielsweise können Großbäume gar nicht gepflanzt werden. Und dort, wo in den Ausbauplänen Baumreihen vorgesehen sind, sind es nur etwa halb so viele Bäume wie abgebildet, die folglich wegen deutlich größerer Abstände auch kein durchgehendes Kronendach bilden wie die Skizzen zeigen.
Dass die Verkehrsbauwerke und -flächen dabei nicht nur sehr zurückhaltend sparsam in Weiß und dezentem Grau gezeichnet sind, sondern auch die Vielzahl der vorgesehenen Fahrspuren nicht gezeigt oder sogar „wegretuschiert“ wird – Beispiel Kohlenhofstraße – gehört wohl zur Werbestrategie. Denn: Wer würde schon einer sechsspurigen Asphaltschneise durch die Stadt gebaut auf einem sechsspurigen Autotunnel für den Durchgangsverkehr zustimmen!?
Auch die in der Zielperspektive „Aktivfläche“ skizzierten Aktiv- und Aufenthaltsbereiche finden sich nicht in der Planung wieder. Der Bereich Jansenbrücke und der Deckel-Park wiederum sind gar nicht Bestandteil der Planfeststellung und bisheriger Planungen, sodass vier der insgesamt acht in der Umfrage „getesteten“ Skizzen gänzlich am Thema der Fragestellung „Soll der Ausbau wie geplant umgesetzt werden?“ vorbeigehen.
Ihre Aufgabe, das Bild von viel Grün in der Stadt mit dem Straßenausbauprojekt zu verknüpfen und so die Zustimmungswerte zu steigern, erfüllen die acht Zeichnungen gemeinsam allerdings hervorragend.
Nicht die Ausbaupläne sind es also, die den Menschen gefallen, sondern vielmehr die professionell erstellten Skizzen, welche locker-leicht die überbreiten Asphaltflächen als Ausbau-Resultat kaschieren und stattdessen verheißungsvoll Arkadien in Nürnberg suggerieren.
Versiegelung statt Freizeitflächen
Obwohl der Ausbau eine Zunahme versiegelter Fläche bedeutet, wurde hinsichtlich der Zustimmungsgründe „Viele Grünflächen/Freizeitmöglichkeiten“ als Antwort angeboten. Genau das trifft die Bedürfnisse und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger, die mehrheitlich angaben, das sei, was ihnen am Ausbau gefällt. Weniger als ein Viertel hingegen nannte „Verringerung von Staus/Schnelleres Vorankommen“ als Grund. Das aber war Anlass und Ziel des Tunnelbaus zur Durchleitung des Durchgangsverkehrs.
Noch deutlicher wird die Fehlplanung, wenn man sich vergegenwärtigt, dass nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung die unterirdische Verkehrsführung gefällt und die Aspekte „Lärmschutz“, „Keine Kreuzung“, „Keine Ampeln“ nur von vier bis sieben Prozent positiv gesehen wird. Eine „Gute Lösung für Fußgänger und Radfahrer“ können gar nur magere drei Prozent erkennen und Gefallen daran finden.
Als Haupt-Ablehnungsgrund wird überwiegend „Zu viel Verkehr/Verkehr aus der Stadt verlagern“ genannt.
Sowohl die Ausbau-Befürworter als auch diejenigen, welche den Ausbau kritisieren, scheinen sich also weitgehend darin einig, dass mehr Grün- und Freiflächen für die Bevölkerung benötigt werden und weniger Verkehr in der Stadt. Der Verkehr soll draußen bleiben oder aus der Stadt nach außerhalb verlagert werden.
Mangels Bekanntheit und eines Diskurses über sinnvolle und der Gesellschaft Gewinn bringende Alternativen ist die Erwartung von Grün statt Asphalt vielfach der Grund für eine Zustimmung zum Ausbauvorhaben.
Kein Platz für Radfahrer und Fußgänger
Angesichts dieser erhellenden Statistik/Erkenntnisse sowie der Tatsache, dass sogar auf den „Werbeverkaufsskizzen“ der Stadt FÜR das Ausbauprojekt vier bis fünfzehn Mal so viele Fußgänger und Radfahrer dargestellt sind wie Autos, stellt sich unweigerlich die Frage, warum überhaupt die Straße für Autos ausgebaut werden soll und nicht vorwiegend für den Umweltverbund, wenn doch die ganz überwiegend favorisierte Vision die einer nahezu autofreien Stadt mit viel Raum für die Menschen und Grün ist.
So wie die Zielperspektiven, die in gestalterischer Hinsicht gut bei der Bevölkerung ankommen, bei externen Fachleuten in Auftrag gegeben wurden, so sollten auch Zielperspektiven für die Mobilität der Zukunft im Raum Nürnberg anno 2035 von externen Fachleuten erarbeitet werden. Die zu erwartenden nachhaltigen und zukunftsfähigen Perspektiven hierzu würden sicher ebenfalls auf große Zustimmung stoßen – und erwartbar das Ausbauvorhaben, eine Stadt- und Kreisstraße innerstädtisch zur Schnellstraße mit zwölf und mehr Fahrspuren auszubauen, ad absurdum führen.
Bettina Klose aus dem BN-Vorstand zieht ein klares Resümee: „Beim geplanten Ausbau des Frankenschnellwegs sollen zahlreiche Bäume und große Grünbereiche zwischen Otto-Brenner-Brücke und der Jansenbrücke beseitigt werden. Der Deckel kann dies nicht kompensieren. Die Menschen bekommen mitten in der Kernstadt Monster-Kreuzungen und faktisch eine internationale Transitautobahn.“
* Grafik: langhuggerramp bzw. edi und sepp
Unter https://www.nuernberg.de/inter-net/soer_nbg/pressefsw.html werden diese eigens für die Pressearbeit erstellten acht Zielperspektiven mit entsprechend strategisch verfassten Begleittexten zur Verwendung angeboten, als Quellenangabe soll „Stadt Nürnberg“ angegeben werden.
Ein Hinweis auf die Urheber der Zeichnungen fehlt ebenso wie ein Angebot der aktuellen Pläne. Die bereitgestellten Links führen ins Nichts.