Hitzeaktionsplan der Stadt Nürnberg
Der Klimawandel ist in vollem Gange, das ist unbestritten. Besonders betroffen davon ist das Nürnberger Becken. Was liegt näher, als sich anlässlich der aktuellen Hitzewelle und dem ausbleibenden Regen Gedanken um einen Hitzeaktionsplan zu machen? 2023 soll er Wirklichkeit werden.
Pressemitteilung vom 26. August 2022
Es wird seltener, aber dafür heftiger regnen. Bis spätestens 2085 soll es um 4,8 Grad wärmer werden mit über 29 Hitzetagen mit über 30 Grad. Von der Hitze besonders betroffen sind die Stadtbereiche, die stark versiegelt sind, weil Stein, Beton und Asphalt vorherrschen. Hier kühlt es auch nachts kaum ab, da die Wärme gespeichert wird. Dies raubt Menschen, die dort wohnen, den nächtlichen Schlaf, gefährdet die Gesundheit der Bewohner*innen und schädigt auch immer weiter Nürnbergs Baumbestand.
Die Altstadt ist extrem belastet und am schlechtesten belüftet, aber auch bei angrenzenden, verdichteten Stadtteilen wie Galgenhof, Steinbühl und Gostenhof muss der Schwerpunkt auf nächtliche Abkühlungsinseln, Grünflächen, Baumpflanzungen und Hausbegrünungen gelegt werden. St. Johannis braucht eine Verbesserung der Kaltluftschneise von den Flächen südlich des Thoner Wegs über den Bielingplatz zum Archivpark.
Neutorgraben, Vestnertorgraben und Frauentorgraben zeigen nach dem Stadtklimagutachten relevante Abkühlungswirkung in die Altstadt. Daher muss die intensive Begrünung und Bepflanzung des gesamten Stadtgrabens so bald wie möglich realisiert werden. Hier sollte nicht auf die Landesgartenschau 2030 gewartet werden. Da zum Teil brachliegende Gewerbeflächen und Parkplätze stark zur Erhitzung beitragen, müssen sie zügig in Grünflächen umgewandelt werden. Als Beispiel dient der Vorschlag des OLG-Präsidenten Dick, Parkplatzareale bei den Justizgebäuden als Grünflächen zu gestalten.
Der Hitzeaktionsplan sollte nicht nur vor der Hitze warnen. Es sollten nicht nur Trinkbrunnen eingerichtet werden, „kühle Orte“ für die Bevölkerung bekannt gemacht und bereitgestellt werden. Längerfristig sollen zwar Pocket-Parks geschaffen und Bäume erhalten und gepflanzt werden, auch Frischluftschneisen sollen berücksichtigt werden. So der Plan.
Wir beklagen jedoch die Bilanz der letzten Jahre: Bisher wurden und werden kleine Grünflächen oft überbaut (z.B. in der Nordstadt und in Schweinau). In den vorhandenen Park- und Grünflächenflächen sind sogar Bauvorhaben geplant oder schon im Bau (z.B. Stadtpark, Cramer-Klett-Park, Radrennbahn), was weitere Erhitzung verursachen wird. Straßenbäume werden zu häufig nicht ersetzt, neu gepflanzte zu wenig gegossen. Die Bilanz der Straßenbäume ist negativ. Die Neupflanzungen haben viel Geld gekostet und haben oft trotz des lobenswerten Engagements bei der Bewässerung nur kurze Zeit überlebt! Laut dem Stadtklimagutachten der Stadt Nürnberg sind die Äcker im Südwesten, Kleingärten und Waldflächen entlang der Stadenstraße und das Knoblauchsland mit Abstand die wichtigsten Kaltluftentstehungsgebiete Nürnbergs. Während der Nacht kühlen Grün- und Freiflächen, die mindestens 300 Meter breit sein müssen, deutlich stärker ab und versorgen über von Nord nach Süd verlaufende Luftströmungen (Frischluftschneisen), vor allem im westlichen Pegnitztal, die dichter bebauten Bezirke im Norden der Stadt. Durch zahlreiche Bauvorhaben in Wetzendorf, Kraftshof, Schmalau, Großgründlach und Boxdorf werden die Abkühlungszonen zunehmend verkleinert. Stattdessen entstehen durch die Gebäude neue Aufheizungszonen und blockierte Frischluftschneisen.
Daher brauchen wir alternative Lösungen, keine neuen Baugebiete! Bauen im Bestand bedeutet, den Dachgeschossausbau, die Aufstockung bestehender Gebäude und Überbauung von Verkehrswegen neu zu denken. Das muss das Konzept für eine klimaresiliente Stadt sein! Alte Bäume sind nach einer Untersuchung der TU München vielfach wirkungsvoller bei der Hitzebegrenzung als junge Ersatzbäume. Alte Bäume sind klimatologisch betrachtet ein wertvolles Eigenkapital der Stadt, das viel lebenswichtiger ist als noch so wichtige Bebauungen, z.B. an der alten Radrennbahn.
Es muss endlich ein Paradigmenwechsel stattfinden, um die genannten Ziele zu erreichen und vorausschauend statt nur symptomorientiert zu handeln. Der Klimawandel fordert uns so stark heraus, dass bei Stadtplanung, Umweltamt und SÖR ressortübergreifend an einem Strang gezogen werden muss. Umwelt- und Klimaschutz müssen bei allen Planungen Vorrang und Gewicht bekommen, um Nürnberg für den Klimawandel zu rüsten.