Rettet das Knoblauchsland
BUND Naturschutz warnt vor dem Ausverkauf einer einzigartigen Kulturlandschaft und fordert Zehn-Punkte-Programm zur Rettung
Pressemitteilung vom 15. Mai 2023
Knoblauchsland: Nahversorung inklusive Artenschutz
Das Nürnberger Knoblauchsland ist als intensive Gemüseanbaulandschaft direkt vor den Toren einer Großstadt einzigartig. So wird Nürnbergs Nahversorgung auf kurzen Wegen gesichert. Dabei fehlen große Agrarstrukturen weitgehend. Grundlage des Knoblauchslands ist immer noch eine bäuerliche Landwirtschaft, die auf kleinen Höfen der dörflichen Vororte basiert.
Das kleinteilige Mosaik von Feldern mit unterschiedlichen Kulturen hat erstaunliche Folgen. Obwohl der überwiegende Teil der Landwirte konventionell wirtschaftet, ist das Knoblauchsland ein Eldorado für gefährdete Tiere der Kulturlandschaft. Hier lebt die drittgrößte Kiebitz-Population Bayerns und eines der größten Rebhuhnvorkommen Nordbayerns. Viele andere, zum Teil streng geschützte und/oder gefährdete Vogelarten und die markanten Feldhasen machen zusätzlich den ökologischen Wert aus.
Daneben hat das Knoblauchsland andere wichtige Funktionen. „Von besonderer Bedeutung für das Stadtklima sind die Wiesen und Felder als Kaltluftentstehungsgebiete, die Teile der Nordstadt versorgen”, argumentiert der Kreisgruppenvorsitzende Klaus-Peter Murawski.
„Das Knoblauchsland ist das grüne Herz des Städtedreiecks und beispielhaft für Bayern. Wir wollen es als BUND Naturschutz erhalten”, stellt auch der bayerische BN-Vorsitzende Richard Mergner heraus.
Kulturlandschaft in Gefahr
Mit etwa 1.900 Hektar Nutzfläche ist das Knoblauchsland auch der größte landwirtschaftliche Freiraum des Stadtgebiets. Nürnberg als eine der am dichtesten bebauten Großstädte der Bundesrepublik sieht das Knoblauchsland immer mehr als Flächenressource Nummer 1. Davon geht zumindest der BUND Naturschutz aus, wenn er die zahlreichen Bebauungsplanverfahren analysiert, die aktuell von der Stadt Nürnberg vorangetrieben werden.
Beispielhaft sind dies die Baugebiete Wetzendorf (B-Plan 4641), Schmalau Ost (B-Plan 4575), Volkacher Straße (B-Plan 4651), Boxdorf Nordost (B-Plan 4627), Buch Süd (B-Plan 4675), Marienberg (B-Plan 4671). Sie betreffen alle Teile des Knoblauchslands und gefährden in ihrer Gesamtheit den Fortbestand der artenreichen Kulturlandschaft. Darauf weist der BUND Naturschutz eindringlich hin. Viele Tiere sind heute schon an der Grenze der Überlebensfähigkeit.
„Wer glaubt, dass man an allen Ecken noch ein paar Brutplätze von Kiebitz und Rebhuhn vernichten kann, irrt sich“, mahnt BN-Biologe Wolfgang Dötsch. „Die Gefahr, dass auch große Populationen dramatisch schnell zusammenbrechen, ist hoch. Wir haben das in der Nachkriegszeit in vielen Landschaftsräumen vorexerziert und müssen es nicht wiederholen.”
Bürger gegen Flächenfraß
Die Gefahr, in einer amorphen Masse von Baugebieten und Verkehrsflächen zerrieben zu werden, sehen auch immer mehr Menschen. Im Norden hat sich daher vor einigen Jahren eine BN-Ortsgruppe Knoblauchsland neu gegründet. Diese hat sich innerhalb kurzer Zeit zu einer der größten und schlagkräftigsten BN-Gruppen entwickelt.
„Wir haben mit dem Bürgerbegehren gegen Flächenfraß einen großen Erfolg erzielt und die Weichen richtig gestellt”, betont der BN-Vorsitzende Klaus-Peter Murawski. „Nun gilt es, auch die zahlreichen Baugebiete mitten in der Kulturlandschaft zu verhindern. Wir sehen hier großen Rückhalt bei unseren Mitgliedern und bei den Bürgern gerade im Nürnberger Norden.”
Zehn Punkte zur Rettung des Knoblauchslands
Um das Knoblauchsland in seiner landwirtschaftlichen und ökologischen Funktionalität für nachfolgende Generationen dauerhaft zu erhalten, schlägt der BUND Naturschutz ein Zehn-Punkte-Porgramm vor. Zahlreiche Forderungen sind dabei nicht neu. Sie entstammen Gutachten und Programmen der Stadt Nürnberg oder des Freistaats, die bisher nicht oder ungenügend umgesetzt wurden. „Eigentlich ist alles lange bekannt und von der Stadt Nürnberg selbst veröffentlicht. Diese Vorgaben müssen nun endlich in einer konzertierten Aktion angegangen und nicht weiter ignoriert werden”, fordert der Ortsgruppensprecher Dirk Richter.
Zentrale Forderungen des BUND Naturschutz für das Knoblauchsland sind:
- obligatorisches Freihalten von Kaltluftentstehungsgebieten und Kaltluftbahnen
- strikte Beachtung des städtischen Bodenbrütergutachtens. Flächen mit Brutnachweisen von Kiebitz, Rebhuhn und anderen gefährdeten Bodenbrütern dürfen nicht bebaut werden.
- vollständiger Schutz aller kartierten Biotope nach Stadtbiotopkartierung, Landschaftsplan sowie Arten- und Biotopschutzprogram (ABSP); Anlage und fachgerechte Pflege von Biotopen, die für die besondere Tierwelt des Knoblauchslands Bedeutung haben.
- Ausweisung neuer Schutzgebiete laut Bayerischem Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP), insbesondere also Schaffung von Landschafts- und Naturschutzgebieten in den dafür vorgeschlagenen Bereichen, wie etwa ein Naturschutzgebiet Ziegellach oder ein Schutzgebiet bei Großgründlach.
- kategorischer Verzicht auf weiteren Straßenbau sowie auf Wohn- und Gewerbeflächenausweisung auf Kosten von Biotopen und landwirtschaftlichen Nutzflächen
- möglichst flächensparender Umbau und Erweiterung der ökologischen Verkehrsinfrastruktur, wie z.B. der Stadtumlandbahn und der Rad(schnell)wege
- Förderung von biologischer, regenerativer Landwirtschaft mit schonender Bodenbewirtschaftung sowie Freilandanbau; Reglementierung des Treibhausbaus in allen Bereichen mit Bodenbrüterpotenzial
- Förderung von Grundwasserneubildung, Anlegen von Retentionsflächen, Renaturierung von Gewässern
- Schutz der Gewässer, der Überschwemmungsgebiete und Umsetzung des Gewässerrandstreifenprogramms; Stopp der Vernichtung bestehender Gewässer; keine Bebauung oder Einschränkung von Überschwemmungsgebieten.
- Ausgleich von Naturschutz, Landwirtschaft und Naherholung
Unverzichtbarer Bestandteil Nürnbergs
Der BUND Naturschutz fordert die Stadt Nürnberg eindringlich auf, wichtige Schritte zur Bewahrung des Knoblauchslands zu ergreifen. „Das Knoblauchsland gehört zu Nürnberg wie Bratwurst und Lebkuchen. Es muss mit seiner kleinräumigen Landwirtschaft und der einzigartigen Artenvielfalt erhalten bleiben”, resümiert der BN-Vorsitzende Klaus-Peter Murawski.