Raddemo mit OKNB für die lokale Verkehrswende
Anders als bisher stand OKNB diesmal für „Ohne Kerosin nach Bayern“ – denn die deutschlandweit organisierte Sternfahrt ging diesmal Richtung München, um dort die Proteste gegen die IAA zu unterstützen. Ihr Motto lautete daher deutlich „gegen Autofanatismus und fossile Politik“.
In Nürnberg wurden mit dem Altstadt-Radlring und dem Norisring zwei für die regionale Mobilitätswende herausragende „Runden“ thematisiert. Nicht nur der Bayerische Rundfunk war zum Hauptmarkt gekommen, um den Start zu filmen, sondern wir hatten auch sehr kompetente RednerInnen gewinnen können. Vor dem ersten Demo-Abschnitt, einer Umrundung der Nürnberger Altstadt, erläuterte Albrecht Steindorff vom Kreisverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) die Bedeutung des im Mobilitätsbeschluss enthaltenen zentralen Elements im Nürnberger Radwegenetz. Alle Radvorrangrouten enden am Altstadtring, der diese also miteinander verknüpft und so die Durchquerung der Stadt in beliebiger Richtungskombination ermöglicht und natürlich die gute Erreichbarkeit von Zielen innerhalb der Altstadt gewährleisten soll. Deshalb lautete der beschlossene Passus im Mobilitätsbeschluss im Januar 2021 unter 3.1 wie folgt:
„Der „Altstadtring für Radler“ als Zielpunkt des Radvorrangrouten- und Radschnellwegenetzes soll bis 2026 weitestgehend im Standard nach Ziffer 2 vorrangig realisiert werden."
Begonnen wurde davon bisher nichts. Der Standard laut Ziffer 2 legt unter anderem Folgendes fest:
„Straßenbegleitende Radwege oder Radstreifen sollen mit durchgängig rot gefärbtem Belag entstehen. Radwege oder Radstreifen sollen vorzugsweise als Einrichtungsradwege mit einer Regelbreite von 2,30 m, mindestens aber 1,50 m (Zweirichtungsradweg: 4 m/2,50 m) hergestellt werden." Auch legt der Mobilitätsbeschluss der Stadt fest, dass Fuß- und Radverkehr grundsätzlich getrennt werden und beim Um- oder Neubau von Radwegen die „Verkehrssicherheit in allen Belangen an erster Stelle stehen" soll. Und ganz konkret: „Kreuzungen und Einmündungen sollen verständlich und sicher gestaltet werden." Rund um die Altstadt ist die Radinfrastruktur hiervon noch weit entfernt.
Die „vorrangige" Realisierung und das Ziel 2026 sind dabei bewusst so festgelegt worden. Denn als Grundlage für eine Mobilitätswende – auch als Teil der Nürnberger Klimaschutzmaßnahmen zur Erreichung der beschlossenen CO2-Einsparung – muss der Radverkehrsanteil in Nürnberg noch deutlich zunehmen. Und um mehr Menschen zu einem Umstieg vom Kfz aufs Rad zu bewegen, sind komfortable und sichere Radwege, die zum Radfahren regelrecht einladen, nun einmal die Voraussetzung. Dementsprechend laut war der Protest hörbar, als Albrecht Steindorff über die inakzeptable städtische Ankündigung von Verschiebungen insbesondere dieser vorrangigen Maßnahme sprach.
Bei einer Zwischenkundgebung am Bahnhof wurden dessen unbefriedigende Einbindung ins Radwegenetz und der massive Investitionsstau der Bahn krititsiert, der für diverse Schwierigkeiten bei der Zuverlässigkeit von Bahnverbindungen oder auch der Radmitnahme in der Bahn verantwortlich ist.
Draußen am Dutzendteich drehten dann die rund 50 Radelnden auf dem „Norisring" einige Rad-Runden. Neben den überbreiten Asphaltflächen entsetzten dort insbesondere die dreifach übereinander montierten Leitplanken neben bloß auf den Asphalt aufgemalten Geh- und Radwegen und die bedrohlich wirkenden Betontrennwände mit Hochsicherheitszäunen. Die Gäste fühlten sich an die Zonengrenze oder an militärische Sperrgebiete erinnert.
Bei der Abschlusskundgebung sprach Nico von Extinction Rebellion über die Zusammenhänge zwischen Rennfahrerkult, der Verherrlichung hochmotorisierter schneller Fahrzeuge und dem Rasen damit auf städtischen Straßen. Sie berichtete von der immer größer werdenden Nürnberger Raser- und Tunerszene, die immer häufiger für enorme abendliche Belästigungen der Anwohnenden sorgt, und über die regelmäßig stattfindenden illegalen Autorennen, bei denen nur sehr selten die Fahrer von der Polizei ermittelt und gestoppt werden können. Bei derartigen Autorennen in Nürnberg wurden durch selbstherrliche Raser bereits mehrmals Menschen getötet, darunter zwei Jugendliche von 15 und 18 Jahren, die direkt im Bereich des Norisring-Areals totgerast wurden.
Detlef Pauly informierte als Redner des VCD über höchst interessante Verknüpfungen und Einflüsse aus der Motorsportszene in die Politik. Er entlarvte das Greenwashing des Nürnberger Motorsportclubs und ordnete die Rennserien als wesentliches Element zur Aufrechterhaltung von gesellschaftsschädlichen Profiten der Automobilindustrie ein. Denn sie dienen insbesondere der fortgesetzten Entwicklung und Vermarktung des klimaschädlichsten Verkehrsmittels in Form von immer größeren, schwereren und übermotorisierten Kraftfahrzeugen für individuelle Nutzung bzw. als Statussymbol.
Oliver Schneider, der 2. Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Nürnberg, der dankenswerterweise sehr spontan als Ersatzredner einsprang, konnte die Zunahme an mittlerweile fast ganzjährig stattfindenden Lärmbelästigungen und unerlaubten Alltags-Autorennen aus persönlicher Beobachtung bestätigen. Er stellte viel zu starke Flächenversiegelung und Mangel an Straßenbäumen fest und forderte die Entfernung der störenden Autobahnelemente und Schutzverhaue, ehe die Fällung von angeblich störenden Kastanien in Erwägung gezogen wird.